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Streit um "Block Beuys" in Darmstadt
Jute oder Farbe?
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Hintergrund
Anlass des Streits in Darmstadt ist die Generalsanierung des Museumsgebäudes, für die das Haus von Ende September 2007 bis Juli 2011 geschlossen wird.
Doch nicht nur die Wände sollen renoviert werden, auch dem Bodenbelag steht die Erneuerung bevor. Der Teppichboden, der in den Beuys-Räumen verlegt ist, sei marode und soll durch Parkett oder Industrie-Estrich ersetzt werden.
Und genau darum geht der Streit: Gehören Wände und Böden der sieben Räume mit zum künstlerischen Ensemble oder nicht? Ina Busch, die Direktorin des Landesmuseums in Darmstadt, hält an ihren Umbauplänen fest. "Es geht in den Diskussionen nicht um die Neuordnung der Werke, sondern um die Gestaltung der Wände." Als Beuys 1970 die Räume nach und nach zu einem "Gesamtkunstwerk" ausbaute, waren die Wände bereits mit Jute bespannt. "Er hat dieses Material nicht gewählt, sondern vorgefunden", sagte Busch. Zudem seien die Umbaupläne von der "Joseph Beuys Estate", also der Familie des Künstlers, abgesprochen.
Jute und Beuys gehören zusammen
Doch die Gegner der Umbau-Pläne sind der Meinung, dass zum "Block Beuys" mit über 280 plastischen Arbeiten sowie Zeichnungen Wände und Böden mit dazu gehören. Speerspitze im Sturm gegen die Pläne des Landesmuseum ist der Künstler und Professor an der Offenbacher Hochschule für Gestaltung, Manfred Stumpf. Für die Kritiker gehört die Jute, die im Lauf der Zeit von hellbeige nach braun nachgedunkelt ist, mit zum Gesamtkunstwerk. Die dunkelbraune Jute sei für die von Beuys beabsichtigte Wirkung des Kunstwerks wichtig.
Die Kraft kommt aus dem Werk
Gefallen habe Beuys die Jutebespannung damals nicht, aber er habe damit leben müssen, sagte Ina Busch. Sie verwies auch darauf, dass sie sich sogar als "putzende Hausfrau" habe beschimpfen lassen müssen - in Erinnerung an jene legendäre Reinigungskraft, die einst in der Düsseldorfer Kunstakadiemie Beuys' "Fettecke", eine Skulptur aus Butter, wegschrubbte, weil sie das Werk für Schmutz hielt. Dennoch gibt sich die Direktorin durchaus verhandlungsbereit: Wenn sich das neue Konzept als unbefriedigend erweise, könne es jederzeit rückgängig gemacht werden.
Die Magie des "Block Beuys" verdanke sich nicht der Wandgestaltung, sondern dem Umstand, dass in den Räumen viele große Arbeiten in einer einmaligen Dichtigkeit zusammengeführt seien. "Die Kraft resultiert allein aus dem Werk von Beuys, aus seiner originären künstlerischen Gestaltungskraft."
Strich durch den Teppich
Eine Ausnahme macht Ina Busch: Der graue Teppich in Raum 1 ist mit einer gelben Linie verziert. "Wenn diese Linie eigenhändig von Joseph Beuys gezogen ist, verbietet sich jeder Eingriff in den Bodenbelag," sagt sie. Derzeit lägen dazu zwei verschiedene Aussagen vor, die noch geprüft werden müssten.
(nrc)
Stand: 18.12.2006