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Werkbewahrer gegen "putzende Hausfrau"

Diskussion um den Darmstädter Beuys-Block

 

Vom 19.12.2006

 

DARMSTADT (fi./dpa) Im Streit um räumliche Veränderungen im weltweit größten Werkkomplex des Künstlers Joseph Beuys, dem so genannten "Block Beuys" im Hessischen Landesmuseum Darmstadt, hält Direktorin Ina Busch an ihren Umbauplänen fest. "Es geht in den Diskussionen nicht um die Neuordnung der Werke, sondern um die Gestaltung der Wände", betonte Busch in einem Presse-Gespräch.

Die Generalsanierung des 100 Jahre alten Gebäudes, die fast abgeschlossen ist, verlangt im Fall des "Block Beuys" besonderes Fingerspitzengefühl. Das Museum zeigt diesen Werkkomplex aus Zeichnungen, Skulpturen und Objekten in sieben Räumen, seit ihn der Künstler 1970 beziehungsweise 1984 darin selbst installierte. Dieses fragile Herzstück der Sammlung wird auch bestimmt von seinem räumlichen Umfeld, dessen Veränderung nun ansteht. Nüchtern referiert der Darmstädter Kustos Klaus Pohl über technische Details der Beuys-Präsentation. So sei der einst helle Rupfen der Wandverkleidung inzwischen nachgedunkelt und der Teppichboden abgenutzt. Pohls Chefin Ina Busch macht keinen Hehl aus ihrem Schock über die "katastrophalen architektonischen Bedingungen", die sie 1998 bei ihrem Amtsantritt als Direktorin vorfand.

Sie macht aber auch klar, dass die Diskussion zur Entscheidungsfindung nichts mehr beitragen kann: Wie der "Block Beuys" im Jahr 2011, wenn die Handwerker das Haus wieder verlassen haben, präsentiert wird, ist im Wesentlichen beschlossene Sache: Standort und Konstellation bleiben unverändert. Indes werden Rupfen und Teppich einschließlich einer von Beuys darauf gezeichneten Bodenlinie ersetzt durch weißen Putz und Industrie-Estrich.

Nicht jeder Kunstfachmann hält das für eine gute Idee. So entstehe eine völlig neue Raumwirkung, die dem Wesen des Werks nicht entspreche, argumentieren die Gegner und plädieren überwiegend für die Erneuerung des ursprünglichen Zustands. Die Beuys-Anhänger befürchten, das Werk des Künstlers werde durch die Eingriffe zerstört. Manfred Stumpf, Künstler und Professor an der Offenbacher Hochschule für Gestaltung, habe sie sogar als "putzende Hausfrau" beschimpft, sagte Busch.

Museumsdirektorin Busch wirft ihren Kritikern vor, sich nicht umfassend informiert zu haben. "Was Beuys sich gewünscht hätte, wissen wir nicht. Wir können nur schauen, was er andernorts machte, wo er Einfluss nehmen konnte." Fakt sei, dass die Räume bereits 1968 mit Jute bespannt waren und Beuys damit leben musste. "Er hat dieses Material nicht gewählt, sondern vorgefunden", sagte Busch. In den letzten 36 Jahren habe sich die Farbe der Jute zudem von hellbeige zu dunkelbraun verändert. Beuys habe die Situation in den Räumen nur geduldet, sie aber nicht als optimal empfunden.

Es sei also eine Fehlinterpretation, wenn jemand behaupte, die dunkelbraune Jute sei für die von Beuys beabsichtigte Wirkung des Kunstwerks wichtig. Die Darmstädter Ausstellung sei vielmehr deshalb "magisch", weil hier viele große Arbeiten in einer einmaligen Dichtigkeit zusammengeführt seien. "Die Kraft resultiert allein aus dem Werk von Beuys."