JOSEPH BEUYS talks to LOUWRIN WIJERS- Düsseldorf, June3, 1980

( Auszug)


JOSEPH BEUYS ..ja, was ist denn damit, mit der Idee der Freizeit.. ja, ja.. es kommt darauf an, wozu man das machen soll.. ja, was ist mit der Idee.. Sie müssen sich überlegen, ob ich der geeignete Mann dafür bin.. denn ich kann mich nicht mit der Freizeit der Leute befassen.. so, wie jetzt gegenwärtig die Sache existiert.. das könnte ich nicht.. Ich möchte von der Realität sprechen, eben deshalb, von der Ungeeignetheit des kapitalistischen Systems, um Ihnen eine wirkliche Kreativität zu besorgen.

 Innerhalb dieses Systems ist alles Blödsinn.. Das ist es eben.. Das ist mein Standpunkt.. Nein, nein das ist gar nicht pessimistisch, die eigentliche Kreativitätsfrage liegt gerade am dem Punkt.. Der Mangel liegt ja ganz irgendwo, ganz anders. Der liegt zum Beispiel im Staats- und im Schul- und Hochschulwesen, und so weiter, und so fort. der liegt in der Unternehmensstruktur der Wirtschaft.. Das heißt, die Kreativitätsfrage muß man als Frage des Systems ansehen..

 Und ich kann ja nicht akzeptieren, was die Menschen da unter Freizeit verstehen, denn daraus wird sich keine richtige Kreativität für die Menschen ergeben.. Nein, das braucht nicht zu sein, das können die Menschen, wenn sie wollen, schon bei der nächsten Wahl schaffen.. Also, das ist überhaupt nicht der Weg einer Revolution.. Das führt zu einer schlimmeren Form des Kapitalismus.. Beispiel Sowjetunion.. Auch das ist Kapitalismus; eine schlimmere Form..

 Ja, was wir versuchen zu entwicklen, was ich ja auch mit der Freien Internationalen Universität tue.. ist die Alternative für eine zukünftige Kultur zu entwicklen.. natürlich die Kultur des nächsten Jahrhunderts, aber die müssen wir in den nächsten sieben Jahren schon in Ansätzen erreicht haben.. Und das ist für mich die eigentliche Kreativität, denn ich kann diesen Falschheitsbegriff, der gegenwärtig existiert, nicht akzeptieren, und deswegen, wenn Sie ein paar Worte von mir hören wollen über diese Sache, für ein Fernsehprogramm , dann sollten Sie sich überlegen, ob ich da der geeignete Mann bin. Ob ich da überhaupt hineinpasse, in Ihre Konzeption.. ja.. Aber warum? Warum sind die in der Schule kaputtgemacht worden ? Und wieso sollte da noch eine Möglichkeit sein, in dieser Freizeit etwas Vernünftiges zu tun. Ja, das ist die Grundfrage. Es ist ganz logisch daß dann die Leute Angst haben vor allem, and daß man in dieser Freizeit selbstverständlich gegängelt wird, etwas zu tun.. angefangen von Black&Decker und so weiter.. das ist doch selbstverständlich. Da wird wieder ein neuer Markt für die Leute vorbereitet.. das ist das Problem! Es bleibt immer einschlossen innerhalb dieses Problems, welches die Menschen immer mehr entfremdet von ihrem Leben, von ihrer Arbeit, von ihrer Innerlichkeit, von ihrer Kreativität..

 Und deshalb ist da immer wieder diese Frage, und diese Frage von 'Zeichnen auf Papier' die ist viel zu spät, da könnte ich gar nichts Vernünftiges darüber sagen..

Ja, aber ich sage nicht, jeder Mensch ist ein Maler, oder ich sage nicht: Jeder Mensch ist ein Zeichner. Das bezieht auf die Begriffe von verschiedener Arbeit überhaupt. Das heißt, an den Arbeitsplätzen, im Krankenhaus, in der Industrie, bei der Eisenbahn, auf der Universität, da müßte sozusagen ein neuer Kreativitätsbegriff dasein, der aber die Konsequenz hat, daß man dieses System versteht. Das ist der Anthropologische Kunstbegriff, der einen auch berechtigt zu sagen: Jeder Mensch ein Künstler'. Denn ich sage doch nicht: Jeder Mensch kann ein Rembrandt sein'. Das kann man natürlich nicht.. Und wenn ich das nicht deutlich sagen kann, dann passe ich einfach nicht in so eine Sendung herein.. Ja.. Und wenn das nicht eine wichtige Sache ist, die in diese Richtung zielt, dann hat das gar keinen Sinn..

 

Nein, sie sollten nicht auf dem Papier etwas machen, womit sie nur imitieren was andere Künstler auch schon machen. Sie sollten erst einmal darüber nachdenken, wie sie sich als Mensch überhaupt selber empfinden, und sie sollten das auf Papier darstellen, im Zeichnen, aber auch in Schrift, in Gedanken. Also, ich wollte immer die Menschen auch einmal anmahnen, mit ihrem Denken zu beginnen. Also, ob sie sich selbst verantworten können, ob sie zufrieden sind, wie sie sich im Leben fühlen, was sie als mangelhaft empfinden, was sie bei ihren Kindern feststellen, und so weiter, und so fort. Das wäre für mich doch die eigentliche kreative Aufgabe.

 

Also, diese Fragen der ganzen kreativen Innerlichkeit, der Willenskräfte, der Empfindungkräfte, der intellektuellen Denkfähigkeit. Das wird ja allzuleicht mit diesem Pinsel und dem Papier ausgeschaltet. Mann denkt, man muß da machen was die anderen auch machen: Moderne Kunst. Der eine hat hier die Idee, der andere hat da die Idee. Das ist eben die Problematik, nicht.. Ja, ja, das könnten wir machen.. Können wir, wenn es anfangt, dann nochmal zusammen sprechen, damit wir dann den Tag fixieren.. Ja, ja.. ist fein.. Schönen Dank.. Also, wir sprechen noch einmal.. Wiedersehen! ( Back from the telephone Joseph Beuys seys:) Freizeit.

 L.W. Everything is sensory pleasure now, and luxury..

 JOSEPH BEUYS Yes, it's terrible. But you see it is a time where a lot of things come to the surface, you know.. Principally such People from the telEvision - this was from Hamburg - they are always without ideas.

 aus: Louwrien Wijers > WRITING AS SCULPTURE < -Ernst &-Sohn mbh 1992, Auszug Seite 71/72

Auszug aus Louwrien Wijers >Writing as sculpure 1978- 1987< academy editions 1996