homeAbschied vom Sozialstaat?
Kann ein Land als sozial gelten, welches - offen und in den Sozialsystemen versteckt - 250 Prozent Staatsverschuldung hat und in dem jedes, Baby mit mehr als 15.000 Euro Schulden zur Welt kommt? Kann ein Land, in dem der Staat fast jeden zweiten Euro für sich beansprucht, als Marktwirtschaft gelten? .... Doch konkurrenzfähig wirtschaften und trotzdem Sozialverträglichkeit berücksichtigen - ich meine, dies ist kein Widerspruch, sondern zwei sich gegenseitig bedingende Aspekte: Man kann nur verteilen, was zuvor erwirtschaftet wurde.
Wir brauchen dringend Reformen Deutschland hat einmal gezeigt, dass man Leistung, Wachstum und sozialen Ausgleich hervorragend vereinen kann - mit der sozialen Marktwirtschaft. Diese Balance ist jedoch durch ein falsches Sozialstaatsverständnis aus dem Gleichgewicht geraten. Dennoch ist die soziale Marktwirtschaft in meinen Augen das einzig sinnvolle Wirtschaftssystem. Es bietet Solidarität mit den Menschen, die Hilfe benötigen.
Die Frage ist allerdings: Was ist am Ende sozial? Die wirklich Bedürftigen zu unterstützen, das steht für mich außer Frage. Doch wir brauchen Reformen für die Starken, sonst werden wir am Ende keine Starken mehr haben, die die Schwachen unterstützen können. ... Meiner Mei nung nach muss zum Beispiel der Faktor Arbeit von den Kosten der sozialen Sicherung entkoppelt und von Preisverzerrungen und Regulierungen befreit werden..... Eine Neuausrichtung ist dazu absolut notwendig, denn es sind immer weniger Arbeitnehmer, die die soziale Last tragen müssen. Hinzu kommt die demographische Entwicklung in Deutschland, die zusätzlichen Druck ausübt.
Verstärkte Eigenverantwortung und reduzierte Staatsfürsorge und -bevormundung sind für mich deshalb weitere Voraussetzungen, um den Auf bruch zu schaffen. Wir müssen den Menschen und nicht dem Staat wieder mehr zutrauen. Je mehr Geld den Unternehmen für Investitionen und den Menschen für Konsum und Vorsorge übrig bleibt, desto besser.
Rainer Neske
Konzernführung Deutsche Bank,
1|2005 Deutsche Bank