Globalisierungsfragen


Protokoll eines Vortrages von Prof. Dr. Roland Roth, Politikwissenschaftler, Magdeburg-Stendal am 25.Sept. 2002 im Franz Hitze Haus Münster
"Ein bunter Mix aus Wut aufs Ganze und Sehnsucht nach Sinn." - so hat "Der Spiegel" die Bewegung der Globalisierungskritiker gekennzeichnet. Innerhalb weniger Jahre hat sich diese internationale Bewegung für eine gerechtere und nachhaltigere Variante der Globalisierung heraus gebildet. Sie ist bunt, unüberschaubar, inhomogen. Einige Beispiele: Gewerkschafter, Umweltschützer, Autonome, Parlamentarier aller Couleur, Pax Christi, Ärzte ohne Grenzen...

Welche Botschaften haben diese Akteure, woran entzündet sich ihre Kritik? Und welche Antworten bieten die kritisierten Institutionen?


Bei der neoliberalen Globalisierung geht es um die Verhandlung der Bereiche Wartenaustausch, Dienstleistungen und Patentsicherung durch Wirtschaftsgruppen ohne Beteiligung der Zielgruppen.u.a. um die Privatisierung des Öffentlichen Sektors, um den Abau von lokalen politischen Rahmenbedingungen unter Verletzung des Demokratieprinzips. Zentrale Prinzipien sind:

Dabei geht es bei den Verhandlungen der multinationalen Interessengruppen um die Bereiche:

Ziel ist die Ökonomisierung aller Lebensbereiche unter der Prämisse von größerer Effizienz und gerechteren Lösungen . Erkauft wird diese Zielvorstellung durch Einschränkung der Autonomie und demokratischen Verfassung lokaler Kulturen zugunsten eine globalen Freihandelszone. ( Stichwort : WTO ,WorldTrade Organisation )

 


Was ist GATS?

Das General Agreement on Trade in Services ist das Allgemeine Abkommen über den Handel mit Dienstleistungen der 1995 gegründeten Welthandelsorganisation WTO.

Nach der fast weltweiten Öffnung der Handelmärkte für herkömmliche sächliche Waren wird mit diesem Handelsabkommen jetzt auch die Daseinsführsorge und fast alle Bereiche des öffentlichen Lebens handelbares Gut. Dazu wurde der Handel im grenzüberschreitenden Dienstleistungsverkehr in 12 Sektoren eingeteilt:

Kein Dienstleistungssektor ist grundsätzlich vom GATS ausgenommen. Wenn ein Land im Rahmen des GATS Verpflichtungen eingegangen ist, sind diese rechtsverbindlich. Es gilt das Völkerrecht, welches dem nationalen Recht übergeordnet ist. Die Verhandlungen finden unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Die Bundesregierung begründete dies in einer Antwort (Bundesdrucksache l 4/9768) auf eine kleine Anfrage so: „Die Forderungen der EU auf dem Gebiet der Bildungsdienstleistungen seien von der EU-Kommission aus verhandlungsstrategischen Gründen als vertraulich gekennzeichnet worden und könnten nicht im vollem Umfang [...] veröffentlicht werden". Dass eine nicht durch basisdemokratische Wahlen zustande gekommene EU-Kommission Vertragsinformationen vor Bundestagsmitgliedern geheim halten kann, obwohl die Vertragsverpflichtungen die Gesetzgebungskompetenz des Bundestages aushebeln, erscheint doch bedenklich.

Besonders die Liberalisierung von Grundversorgungen muss kritisch betrachtet werden. Der universale Zugang zu Wasser, Bildung, Kulturgütern und Einrichtungen, die Sozial- und Gesundheitsversorgung oder der Personennahverkehr müssen erhalten bleiben. Die Abkehr von der sozialen Grundordnung wird durch das GATS zum Gesetz.

Obwohl die WTO verpflichtet ist, die Auswirkungen des GATS zu untersuchen, ist es dazu bisher nicht gekommen.

Die Weltbank schätzt den weltweiten Markt für Wasserversorgung auf jährlich 800 Milliarden US$, den für Bildung auf 2000 Milliarden US$ und den für Gesundheitsleistungen auf 3500 Milliarden US$ jährlich.


Organisation for Economic Co-operation and Development

The OECD groups 30 member countries sharing a commitment to democratic government and the market economy. With active relationships with some 70 other countries, NGOs and civil society, it has a global reach. Best known for its publications and its statistics, its work covers economic and social issues from macroeconomics, to trade, education, development and science and innovation.

The OECD plays a prominent role in fostering good governance in the public service and in corporate activity. It helps governments to ensure the responsiveness of key economic areas with sectoral monitoring. By deciphering emerging issues and identifying policies that work, it helps policy-makers adopt strategic orientations. It is well known for its individual country surveys and reviews.

 

The OECD produces internationally agreed instruments, decisions and recommendations to promote rules of the game in areas where multilateral agreement is necessary for individual countries to make progress in a globalised economy. Sharing the benefits of growth is also crucial as shown in activities such as emerging economies, sustainable development, territorial economy and aid.

Dialogue, consensus, peer review and pressure are at the very heart of OECD. Its governing body, the Council, is made up of Representatives of member countries. It provides guidance on the work of OECD committees and decides on the annual budget. It is headed by Donald J. Johnston, who has been Secretary-General since June 1, 1996.

Kommentar: ( Wer den vorhergehenden Text gelesen hat ist wohl im Bilde ! Die OECD ist der Auftraggeber für die PISA Studien, die nach US-Vorgaben die restliche Welt bemißt. Die Tests gehen von US-Lernstandarts der Privatschulen aus und die OECD empfiehlt sich und die sie tragenden US-BildungsCompanys als Retter der globalen , auch der deutschen Bildungslandsschaft. Über die PISA Studien und Rankinglisten werden nationale Schulsysteme zu Patienten, denen von den OECD Doktoren Heilung angeboten wird. Eine Öffnungsklausel, soll US-Bildungs-Konzernen dann einen Marktzugang ermöglichen staatliche Systeme zuerst alternativ, dann systematisch zu übernehmen. Das sollte man bedenken wenn man PISA hört oder liest.

Es gibt nicht nur globale Bestrebungen zur "Liberalisierung" und Privatisierung der Bildung. Das weltweite Abkommen über die Handel mit Dienstleistungen GATS regelt beispielsweise bereits, dass alle Dienstleistungen für die kein staatliches Monopol besteht - wozu auch die Bildung gezählt wird - privatisiert werden müssen

Als nächstes möchten wir das GATS-Abkommen unter dem Blickwinkel der Auswirkungen auf Bildung lesen: Die Frage ist, welche Entscheidungen zur globalen Vereinheitlichung, zur Privatisierung und Vermarktung von Bildung(seinrichtungen) schon gefallen und welche zu erwarten sind. Danach möchten wir uns in die europäische und außereuropäische Hochschullandschaft einarbeiten. Die Hochschullandschaft ist vielfältig, oft dienen andere Länder als "Modelle" für die Reform der deutschen Hochschulen. Um dort mitreden zu können und Sinn und Unsinn unterscheiden zu können, ist es wichtig, sich in den Hochschulsystemen auszukennen. Wir wollen Texte lesen, gegenseitig Texte vorstellen und Referenten einladen zu Hochschulfinanzierung, Studienorganisation und Arbeitsbedingungen an Hochschulen in anderen (zunächst) europäischen Ländern.

Kontakt: Jan Behrend (behrend@stud-mailer.uni-marburg.de 06421-683070 / 0177-8313574) )

OECD Dokument  von 11. 2004 über Reorientation of Teacher Policy in Germany

 


 

Beispiele für die Privatisierung sind die USA, Chile und Argentinien

GB, in Deutschland die Bereiche : Post, Bahn und Telefon

 

- In den USA gibt es keine gesetzlichen Krankenkassen mehr; dort sind 1 6% der Bevölkerung nicht krankenversichert.

- Bei der privatisierten britischen Eisenbahngesellschaft Railtrack gibt es wieder die 72 Stunden Woche und weder bezahlte Urlaubs- noch Krankheitstage.

- Seit der Privatisierung der britischen Wasserversorgung sind die Anbieter über 120 mal verklagt worden wegen mangelnder Wasserqualität oder vernachlässigter Infrastruktur. Die Fälle von Hepatitis A sind um 200% gestiegen, die Fälle von Dysenterie um 600%.

Wer die Gewinner der Liberalisierung der Märkte sind, ob es um die Verbesserung der Chancen für alle oder nur für einige geht, ob Privatisierung^nd Konkurrenz die Qualität wirklich verbessern, muss neu hinterfragt werden.


Zu fragen ist auch, ob die Bewegung gegen das GATS weiterhin ihren Erfolg auf der relativen Unorganisiertheit fußen lassen will oder ob "Attac" dauerhaft die Klammer für diese heterogene Gruppe sein wird. Als Plattform? Als Kompetenzzentrum? Als strukturiertes Netzwerk?

Schließlich ist es interessant, der Frage nachzugehen, ob die globalisierungskritischen Gruppen zu einer Demokratisierung transnationaler Politik beitragen können.

Gedächnisprotokoll :

Unter dem Schlachtruf >EINE ANDERE WELT IST MÖGLICH< werden im allgemeinen Globalisierungsgegner und Globalisierungskritiker in einen Topf geworfen. Geht es den Globalisierungsgegnern um einen vollständigen Rückzug in ihre Autonomie : Grenzen dicht machen,Nationalismus wie zB. die Rechtsextremen oder auch die japan. AUM- Sekte ,Melisha (Schreibweise?) oder auch der Anschlag auf das WTC vom 11.Sept. 2001; so geht es den Globalisierungskritikern wie ATTAC um die Information, Protest und konstruktive Suche nach Wegen einer Welt mit menschlichem Gesicht. Dabei richtet sich deren Kritik an der Art und Weise wie InteressenKartelle mit mafiösen Strukturen die Globalisierung in ihrem Sinne gestalten. Jene fahren unter der Theorie des Neoliberalismus in der Berufung auf Ricardo, der die Theorie vertrat, daß ein freier Wettbewerb ohne moralische Regelmentierung auf Lange sicht die besten ökonomischen Ergebnisse für alle Beteiligten bringt. Weil diese Art des Wirtschaftens sich selber weltweit die günstigsten Umstände der Produktion sucht und zu den niedrigsten Produktionskosten führt und so die Prodakte billiger und für alle erwerbbarer macht. Als Kritik sei hier angemerkt, daß das weltweite Ungleichgewicht zwischen Arm und Reich zB. 1930 1:30 betraug und 2002 bei 1:74 liegt, d.h. das Ungleichgewicht zwischen Arm und Reich ist trotz einer Welle der globalen Marktöffnung nach dem 2ten Weltkrieg größer und nicht kleiner geworden.

Die jetzige, von der Politik getragene Globalisierung funktioniert in der Weise, das Kartelle im Eigeninteresse beginnen die bestehenden Versorgungstrukturen ( Wasserwerke,Stromversorger, Schulen, Museen, Universitäten, Krankenhäuser, Post und Telefon und andere öffentlichen Dienstleistungen )die bisher unter öffentlichen Aufsicht bzw. Gestaltung funktionierten ( gemeinnützigeVereine, Stadträte, nationale Regierungen,) aufzulösen und in ihrem Sinne zu privatisieren, um sie im Sinne ihrer Kapitalanlageineteressen für sich zu nutzen.

Diese nicht demokratisch legitimerten globalen Kartelle von Weltfirmen und Interessenvertretungen , die Regimes genannt werden ( Es gibt ca. 300 globale Kartelle für z.B. Wahlfang, Nahrungsmittelnormung, Industrienormung, etc..) die Eigeninteressen umsetzen, werden angeführt von solchen Organisationen wie der Weltbank der WTO (WorldTradeOrganisation)der Internationalen Handelskammer ICC und dem IWF ( Weltwährungsfond). Diese haben längst die Funktionen übernommen die früher durch die Außenminister der Regierungen wahrgenommen wurden.

Die Globalisierungskritiker agieren schon seit den 50ger Jahren und haben eine Struktur gebildet die sich aus 6 Stufen aufbaut:

1. 3te Weltläden -für fairen Handel und gerechte Preise

2. NichtRegierungsOrganisationen sogn. NGO`s - Amnesty , Greenpeace etc.

3. 3te WeltInitiativen - die sich gegen das GATT gerichtet haben zB. der Marsch nach Bangalore durch 50.000 indische Frauen im Protet gegen die Saatgutverordnung des GATT.; die Sabatistas in Mexiko und Chiapas

4. Informationsnetzwerke - wie www.boykott-quaterly , www.widerstand.global

und die Veröffentlichungen von Ralph Nader (USA) und Naomi Klein (USA):No Logo mit dem Aufruf Firmen zu boykottieren die unmoralisch produzieren. zB. Aufruf gegen die Citybank und Anti-Schnittblumenkampagnen.

5. Transnationale Protestnetzwerke entlang eines Themas: Verschuldung, Arbeitslosigkeit etc. mit Euromärschen etc. als aktionsbewegte Volksinformationsbewegungen.Hierzu gehört auch Attac ( gegr. 1997 in Frankr.), inzwischen in 32 Ländern vertreten mit dem Thema der Steuer auf globale Finanztransaktionen( Tobin-Steuer). Aktionszeitschrift : >Le Monde Diplomatique<.

Auslöser für die Bildung der Gruppen des >Direkt Action Networks< waren die offiziellen Treffen von MAI (1988) , WTO in Seattle (1999), von G7 und G8 (Weltwirtschaftsgipfel) in Genua und Davos.

6. Das Weltsozialforum von Davos und Porto Alegre sind angetreten aus dem Protest heraus konstruktive Alternativen zu suchen und arbeitsfähig zu machen.Dabei werden alle lokal/globalen Problemfelder durcharbeitet, wie:Wasser, Ernährung, Housing, Gesundheit, Bildung, Kultur, Energie etc. als Kampf um die Relokalisierung der Verantwortung und ihrer demotraktischen Legitimation.

protokollant: klaus tesching, münster