Forschungsstelle Für Gestaltung


N A T I O N A L P A R K S

Erst der Mensch - dann die Natur ?

In Deutschland ist ein heftiger Streit um Nationalparks entbrannt: Die Gegner wollen in den Parks lieber fischen oder Bäume fällen. Dabei gibt es kaum noch unberührte Natur in Deutschland.

 

Zum Beispiel der >Kellerwald<:

Er gehört zu den bedeutendsten Waldgebieten in Mitteleuropa, und auch eine Studie des Bundesamtes für Naturschutz empfiehlt das Areal als Nationalpark. Der Kellerwald - 40 Kilometer südwestlich von Kassel - gehört zu den letzten unzerschnittenen Wäldern, die noch über alte, naturnahe Waldbestände verfügen und in denen extrem seltene Tierarten wie Wildkatze und Schwarzstorch leben. Die Gegner lehnen den Park kategorisch ab: Sie befürchten Flächenenteignungen, eine spätere Parkerweiterung, daþ Arbeitsplätze verlorengehen oder daþ Busladungen voller Tagestouristen ihren Müll in der Region abladen - aber kein Geld ausgeben.

Nicht nur in Nordhessen entzweit die Naturschutzfrage das Volk, auch bei zehn weiteren bestehenden oder geplanten Schutzgebieten tobt die n Schlacht um den rechten Weg zwischen ÷kologie: und ÷konomie.

Wendländische Bauern, die sonst Castor-Transporte blockieren, wettern gegen das frisch gegründete Schutzgebiet "Elbtalaue" mit integriertem Nationalpark "Elbetal". Die Bevölkerung im Bayerischen Wald lief ebenso Sturm gegen die Erweiterung des dortigen Nationalparks wie Bauern und Fischer am Wattenmeer, weil dort Deichbau und Fischerei dem Naturschutz nachgeordet sind.

Im Harz sind Einheimische erzürnt, weil die Nationalparkverwaltung die Fichten - letztlich naturgeT mäþ vom Borkenkäfer auffressen läþt, und im Nationalpark Hochharz träumt die Gemeinde Schierke von einer Zukunft als Wintersportdorado und würde am liebsten die Hänge mit Skiliften bepflanzen.

Ende September haben die Gegner sich im "Bundesverband der Nationalparkbetroffenen" formiert. Für sie ist der Begriff Nationalpark ein reiner Etikettenschwindel, die meisten seien ohnehin "Kulturlandsehaften", aus denen man den Mensch nicht heraushalten könne. Sie wollen die Nationalparks in Naturparks umwandeln - eine schwächere Schutzkategorie, die eher Fischer, Förster und Bauern schützt als die Natur.

 

"Nur 0,44 Prozent der Landfläche Deutschlands sind als:Nationalparks wirklich geschützt", ärgert sich der hessische Naturschützer Mai, "das ist ohnehin peinlich wenig für ein Land, das sich international als 'Umweltmusterknabe' präsentiert. Auch jene, die jetzt am lautesten protestieren, profitieren langfristig davon, daþ wir mehr Gebiete bekommen, in denen die Natur sich selbst überlassen bleibt."

 

Nationalparks - bester Schutz für die Natur

Ein Nationalpark, in Deutschland die höhste Schutzkategorie, ist (laut Bundesnaturschutzgesetz) ein "groþräumiges Gebiet mit besonderer Eigenart, das sich in einem vom Menschen nicht oder wenig beeinfluþten Zustand befindet und das vor allem zum Erhalt heimischer Tiere und Pflanzen beitragen soll". Soweit der Schutzzweck es erlaubt, sind Nationalparks für Menschen zugänglich. Zur Zeit sind in den zwölf deutschen Nationalparks 7300 Quadratkilometer Fläche geschützt - von denen gut 80 Prozent Watt- und Wasserflächen sind; drei weitere Parks (siehe Karte) sind geplant.

FRANK H. GRIESEL - GREENPEACE MAGAZIN 6/97