Die Mitglieder der Deutschen Friedensgesellschaft - Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen NRW sind geschockt und erschüttert über den abgrundtief feigen Terrorangriff am vergangenen Dienstag. Unser Mitgefühl gilt den tausenden von Opfern im WTC, im Pentagon sowie in den entführten Flugzeugen und deren Angehörigen. Ganz besonders gedenken wir der Helferinnen und Helfer, die in den Stunden nach dem Angriff ihr Leben und ihre Gesundheit aufs Spiel setzten um den Opfern zu helfen, um Menschen zu bergen und Leben zu retten.
Keine noch so berechtigte Kritik an der Politik der USA rechtfertigt diesen massenhaften Mord an unbeteiligten Zivilisten wie der vom 11. September. Seit diesem Tag ist die Welt eine andere.
Doch der Schock über den Anschlag darf nicht das Nachdenken über die Ursachen verdrängen. Auch wenn die Tat völlig irrational erscheint, hat sie als realen Hintergrund offenbar die sozialen und politischen Konflikte im Nahen Osten. Der Westen und hier vor allem die USA unterstützt einseitig korrupte arabische Regimes und eine immer mehr zu Gewalt und Machtpolitik neigende israelische Regierung. Natürlich darf man dem Terror nicht nachgeben, dennoch ist ein Umdenken des Westen längst notwendig.
Es rächt sich, daß die UNO immer weniger ein Forum des Ausgleichs und der Konfliktregelung zwischen Staaten und Völkern bietet. Die Entwicklung der NATO zur selbsternannten Weltpolizei wirkt nicht befriedend, sondern schürt Gefühle der Unterlegenheit und der Machtlosigkeit. Terror ist die Antwort der Machtlosen.
In weitere Vergessenheit geraten hinter dem unfaßbaren Ereignis vom Dienstag die täglichen ungezählten Opfer von Unterernährung. Im Gegensatz zu den Opfern dieses Terroranschlags hat sich die Weltöffentlichkeit an diese Opfer der ungerechten Verteilung des vorhandenen Reichtums längst gewöhnt. Der amerikanische Traum von der Unverwundbarkeit ist ausgeträumt. Auch das geplante weltraumgestützte Raketenabwehrsystem NMD (National Missile Defense), dem Milliarden Dollar geopfert werden sollen, hätte hier versagen müssen. Terrorismus - vor allem wenn er durch Fanatiker ausgeübt wird, die zu allem entschlossen sind - läßt jede militärische Abwehr notwendigerweise scheitern. Die vom Bundeskanzler noch am Dienstag abend erklärte "uneingeschränkte Solidarität" deutete schon frühzeitig darauf hin, daß wieder einmal in die falsche Richtung gedacht wird. Jedwede menschliche Hilfe, Unterstützung beim Wiederaufbau wären Zeichen gewesen, die einem Vertreter unserer Republik würdig gewesen wären. Statt dessen gab der Regierungschef eines der wichtigsten Verbündeten der USA und eines der bedeutenderen NATO-Staaten ein Signal in Richtung Vergeltung.
Der inzwischen ausgerufene kollektive Verteidigungsfall alarmiert die Soldaten des Nordatlantischen Bündnisses - gegen wen auch immer. Selbst wenn sich zweifelsfrei herausstellen würde, daß der von der CIA hochgezüchtete Osama bin Laden verantwortlich für die terroristischen Attacken auf das WTC und das Pentagon war: Jede militärische Vergeltung wird weitere zivile Opfer nach sich ziehen. Erinnert sei in diesem Zusammenhang an den als Kollateralschaden deklarierten Beschuß der chinesischen Botschaft im Rahmen des NATO-Krieges gegen Jugoslawien. Wieder einmal leugnen die politisch verantwortlichen in Deutschland, daß es sich beim bevorstehenden Militäreinsatz um einen Krieg handeln wird. Dies ist ein besonders klares Zeichen dafür, daß der bevorstehende Krieg eine besondere neue Qualität haben wird. Terror als Möglichkeit, den Verteidigungsfall auszulösen ist erst seit der neuen NATO-Doktrin von 1999 möglich. Diese geänderte Geschäftsgrundlage ist niemals im Bundestag beschlossen oder auch nur debattiert worden.
Wir fordern die Bundesregierung auf, ihren ganzen politischen Einfluß zu nutzen, jeder Eskalation entgegenzuwirken.
Felix Oekentorp
Landesgeschäftsführer