„Freie Kulturszene“ Münster Münster, den 28.10.2001
C/o
cuba, Achtermannstr. 10-12, 48143 Münster,
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"Wir haben der Stadt schon viele
kulturelle Stempel aufgedrückt"
"Leistungsbilanz" der
"freien" Kulturszene in Münster
Konzept für eine Darstellung
Musik
und Malerei, Theater und Tanz, Pantomime und Puppentheater, Kunst und Kabarett,
Avantgarde und Experiment, Schönes und Schrilles, Nachdenkliches und Lautes -
Münsters Kulturlandschaft zeichnet sich durch Vielfalt und ein reiches Spektrum
verschiedenster Sparten aus; im Bewusstsein der Öffentlichkeit sind die
heimischen kulturellen "Bodenschätze" allerdings nicht immer präsent
- was bedauerlicherweise auch für
manchen politischen Entscheidungsträger gilt. Es gibt leider nur vereinzelt
Darstellungen dessen, welche Angebote mit welcher Qualität und Quantität hier
vorgehalten werden.
Zwar
stellen etwa die Geschäftsberichte des Kulturamtes die mannigfachen Angebote
der Kulturszene alljährlich im Gesamtaufriss dar, doch reicht diese Quelle
allein nicht aus, um ein wirklichkeitsgetreues Bild davon zu vermitteln, welche
Angebote hier in welcher Qualität und Quantität vorgehalten werden.
Auch die
nicht-offizielle Publizistik wird an diesem äußeren Eindruck nur wenig ändern:
Sieht man sich die diversen, regelmäßigen oder unregelmäßigen
Veröffentlichungen der Gruppen und Häuser in den Tageszeitungen, in Rundfunk
und Fernsehen, in den Programmheften und Veranstaltungszeitungen oder im
Internet an, wird Münsters kulturelle Vielfalt zwar sichtbar, dies aber jeweils
nur punktuell und fragmentarisch. Eine Gesamtschau aber fehlt.
Ergebnis: Die
"freie" Kulturszene dieser Stadt wird weder in der Politik noch von
anderen gesellschaftlichen Kräften so wahrgenommen, wie es ihrer tatsächlichen
Bedeutung entspräche. Die Kontroverse um eine neue Musikhalle wird ausgiebig
und mit allem Engagement geführt, während kaum eine Diskussion über die
Notwendigkeiten und Bedarfe der freien Kulturszene noch darum herumkommt, dass
man den vielen kleinen Projekten das große Projekt als alleinigen Maßstab
entgegenhält.
Um dieser wenig
sachdienlichen Tendenz entgegenzuwirken, muss das Kulturangebot des
"freien" Spektrums deutlicher, prägnanter und überzeugender
hervortreten. Münsters Kultureinrichtungen erfüllen einen kulturellen Auftrag
der Stadt, sie verstehen sich zum überwiegenden Teil als Dienstleister, die die
kulturelle "Grundversorgung" der Stadt gewährleisten. Beispielhafte
Vergleiche mit anderen Städten werden erweisen, dass Münster sich ohne weiteres
- auch mit deutlich größeren - Städten messen kann.
·
Ziel
sollte es von daher sein, das Kulturangebot dieses Spektrums stärker und
deutlicher zu profilieren. Denn unbestritten darf wohl jetzt schon festgehalten
werden: Die freie Kulturszene ist nicht nur „schmückendes Beiwerk“, sondern ein
prägender Faktor der Münsteraner Kulturlandschaft, die dieser Stadt schon viele
„kulturelle Stempel“ aufgedrückt hat und aufdrücken wird. Deshalb soll die
Szene in ihrer ganzen bunten Vielfalt dargestellt werden.
·
Es geht darum, die
Aspektvielfalt der Szene wirklichkeitsgetreu zu umspannen, die Bedeutung der
freien Kultur für Stadt und Region herauszuarbeiten, das feinmaschige Netz
lokaler Kultureinrichtungen und KünstlerInnen transparent zu machen (konkrete
erfolgreiche Beispiele), die Rolle der freien Stadtkultur als de facto
wirkender Wirtschafts- und Standortfaktor hervorzuheben, die Verflechtungen von
Hoch-, Sub-, Alltags-, und Avantgardekultur(en) aufzuzeigen. Darin
eingeschlossen ist die Bandbreite der Zielgruppen, mit denen die Angebote der
genannten Einrichtungen ihre kulturbildenden Wirkungen entfalten.
·
Es geht darum, die
über Einzelphänomene hinausgehende Gesamtkultur der lokalen "Szene"
greifbar zu machen. Mit den dabei gefundenen Erkenntnissen werden die
Kultureinrichtungen der verschiedensten Sparten ihre Arbeit in quantitativer
und vor allen Dingen in qualitativer Hinsicht plastischer und repräsentativer
darstellen können - ganz im Sinne der gerade von Kulturträgern stets
geforderten - und geleisteten - Selbstvergewisserung. (Sich dabei
betriebswirtschaftlicher Methoden zu bedienen, ist auch und gerade für freie
Träger selbstverständliche Alltagspraxis.)
·
Die freie Kultur
sollte bei aller Inhomogenität (verschiedene Sparten, unterschiedliche
Ensembles, Einzelkämpfertum um Fördertöpfe ...) auf das sie einigende hin
beschrieben werden, und das ist die Arbeitsform: Projektorientiert, außerhalb
der Hierarchien der Institutionen, für variable Aufführungsorte. Dazu gehören
als wesentliche Merkmale die Offenheit für neue Akteure. Dadurch wird dieser
Bereich auf seine Art wertvoll für die Stadt: es handelt sich um ein vielfältig
nutzbare kreative Ressource, die auch in vielfältigen Zusammenhängen eingesetzt
wird und wurde. Diese Einsatzorte (Stadtklang ...) in größeren Konzepten
sollten dargestellt werden. Die
öffentliche Wahrnehmung sieht darin immer
nur die Aktivität einer einzelnen Gruppe und nicht eines "Feldes"
von Akteuren. Dass viele Veranstaltungskonzepte ohne die "Freien"
nicht möglich wären und teilweise nicht einmal entstanden wären, wird an
Beispielen verdeutlicht. Die vielen Arme der Szene in und durch die Stadt
zeichnen sie gegenüber mancher Institution aus: Offenheit, Innovation,
Vernetzung, Wechsel der Akteure, Projektverantwortung statt
"Stellenbeschreibung", städtischer kultureller Arbeitsmarkt,
Vorhalten von kulturellen Strukturen.
·
So gebündelt wird die
qualitative Vielfalt der kulturellen Angebote unübersehbar. Exemplarisch seien
hier nur folgende, sorgsam zu beobachtende Entwicklungstendenzen aus der
"freien" Münsteraner Kulturlandschaft genannt:
-
Kurse für
verschiedene Altersgruppen, wöchentlich oder als Workshops, bietet
beispielsweise die Jugendkunstschule des Kreativhauses. Ziel:
kulturelle "Grundversorgung" für Kinder und Jugendliche,
Qualitätsziel: konzentrierte Arbeit unter qualifizierter Anleitung, immer mit
künstlerischem Ergebnis. Aber auch dieses: Kinder und Jugendliche erhalten die
Möglichkeit, ihre Gefühle wie Frustration, Freude und Trauer abzuarbeiten.
Messgrößen sind die Anzahl der Kurse und Projekte, Berichtsdaten die
Teilnehmerzahlen;
-
das Filmfest
der Filmwerkstatt will sich als überregionales Festival etablieren,
-
der BBK/Verdi
und die Ateliergemeinschaften unbekannte Künstler fördern;
-
das Musik- und
Probezentrum Am Hawerkamp konnte - obwohl auf städtebaulichem
Konfliktgelände gelegen - Konzeption und Kapazität grundlegend neu gestalten
und optimieren;
-
last but not least
hat das Cinema just eine Auszeichnung als bestes Kino Deutschlands
erhalten.
Viele
Dinge stehen nebeneinander, der praktische Austausch passiert, wird aber in der
Öffentlichkeit nicht wahrgenommen.
·
Eingebunden und zur
Mitarbeit aufgefordert werden alle Münsteraner Gruppen, Veranstalter, Verlage,
Vereine, gemeinnützige und (teil-)gewerbliche / kommerzielle Institutionen
u.a., insbesondere natürlich die KünstlerInnen in den Bereichen Kultur und
Medien. Die Darstellung wird auch interessante Daten darüber liefern, wie viele
Künstler in welchen Sparten eigentlich in Münster leben und arbeiten, oder
versuchen, als Künstler zu leben und zu
arbeiten und Antworten zu den Fragen liefern:
Wer macht eigentlich mit welchen Mitteln und Zielen was. Und wie könnten
die das, was sie machen, noch besser machen. Darüber hinaus darf man erste
Hinweise über die soziale Lage in den künstlerischen Berufen erwarten.
·
Schritte dahin:
·
Erfassung der Daten
und Selbstdarstellungen der genannten und im weiteren Verlauf interessierten
Gruppen und KünstlerInnen.
Darin sollte
vorkommen
- Struktur (des
Vereines, der Einrichtung auch des einzelnen Künstlers (eingebunden in andere
örtliche und regionale Zusammenhänge)
- Leistung (was wird
gemacht, Projekte aus der Vergangenheit, derzeit und was wird geplant), was
wird hauptsächlich gemacht, Entwicklungen der letzten Jahre, konkrete
Beschreibung der Arbeit, Kontakte, Veranstaltungsort, Veranstaltungen,
- Adressaten (wer
wird/soll erreicht werden, die sogenannte Zielgruppe)
- Effizienz (mit wie
viel Geld wird wie viel Umsatz gemacht, eigenen Räumlichkeiten) personelle
Situation, finanzielle Situation, Städtische Grundförderung - Wir machen aus
jeder Mark fünf.
-
Fragen zur Einnahmestruktur der einzelnen Künstler (Wie finanzieren sich
eigentlich die Leute, die Beiträge zur lokalen Kultur liefern)
-
Fragen zur Selbsteinschätzung (Profi, Halbprofi, Amateur, Hobby)
- Welche Kernprobleme
bestehen (Bedarfsanalyse)? Welche Forderungen gibt es? Aufzeigen notwendiger
Steuerungsnotwendigkeit städtischer Politik Problemfelder, Vergleich von
Kürzungen bei großen und kleinen Einrichtungen z.b. was jeweils bei einer 5.000
DM passiert. Was wird als Pflicht und Kür für die kommunale Kulturpolitik
gesehen?
Umgesetzt soll das
ganze durch eine Befragung der beteiligten Gruppen und KünstlerInnen
(Fragebogen, Interviews, Recherche bei den diversen Medien als auch bei Politik
und Verwaltung), durch eine Zusammenfassung der Selbstdarstellungen sowie durch
eine qualifizierte Bewertung der ganzen Ergebnisse. Es soll sich nicht um eine
quantitative Aufzählung der Gruppen und deren Arbeit handeln, sondern konkret
und vor allen Dingen qualitativ die Bandbreite, Aufgaben und praktische Arbeit
der „freien Kulturszene verdeutlichen.
Diese Ergebnisse
werden dann in einer entsprechen Form (Broschüre, Präsentation im Internet,
Verdeutlichen durch Aktionstage wie z.b. Tag der Offenen Studios, Tag der
Offenen Ateliers, Tag der Offenen Tür der Veranstalter- Diskussion mit Politik
und Verwaltung) veröffentlicht. Auch ist angedacht, die Ergebnisse in einer
Vortragsreihe mit Vorträgen, Diskussionen, Hearing (?) mit möglichen
Kooperationspartner, sprich FH, Uni-Instituten, Weiterbildungseinrichtungen zur
Bedeutung lokaler Kultur- und Kunstschaffender unter verschiedenen Aspekten zu
beleuchten.
Kosten: 7.500 DM für
Personal und Sachkosten
Finanzierung: Stadt
Münster 5.000 DM und 2.500 DM Eigenbeteiligung der Gruppen
Mit freundlichem Gruß
und der Bitte um Unterstützung
Im Auftrag
Rainer Bode