„Freie Kulturszene“ Münster                               Münster, den 28.10.2001

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"Wir haben der Stadt schon viele kulturelle Stempel aufgedrückt"

"Leistungsbilanz" der "freien" Kulturszene in Münster

Konzept für eine Darstellung

 

Musik und Malerei, Theater und Tanz, Pantomime und Puppentheater, Kunst und Kabarett, Avantgarde und Experiment, Schönes und Schrilles, Nachdenkliches und Lautes - Münsters Kulturlandschaft zeichnet sich durch Vielfalt und ein reiches Spektrum verschiedenster Sparten aus; im Bewusstsein der Öffentlichkeit sind die heimischen kulturellen "Bodenschätze" allerdings nicht immer präsent - was  bedauerlicherweise auch für manchen politischen Entscheidungsträger gilt. Es gibt leider nur vereinzelt Darstellungen dessen, welche Angebote mit welcher Qualität und Quantität hier vorgehalten werden.

 

Zwar stellen etwa die Geschäftsberichte des Kulturamtes die mannigfachen Angebote der Kulturszene alljährlich im Gesamtaufriss dar, doch reicht diese Quelle allein nicht aus, um ein wirklichkeitsgetreues Bild davon zu vermitteln, welche Angebote hier in welcher Qualität und Quantität vorgehalten werden.

 

Auch die nicht-offizielle Publizistik wird an diesem äußeren Eindruck nur wenig ändern: Sieht man sich die diversen, regelmäßigen oder unregelmäßigen Veröffentlichungen der Gruppen und Häuser in den Tageszeitungen, in Rundfunk und Fernsehen, in den Programmheften und Veranstaltungszeitungen oder im Internet an, wird Münsters kulturelle Vielfalt zwar sichtbar, dies aber jeweils nur punktuell und fragmentarisch. Eine Gesamtschau aber fehlt.

 

Ergebnis: Die "freie" Kulturszene dieser Stadt wird weder in der Politik noch von anderen gesellschaftlichen Kräften so wahrgenommen, wie es ihrer tatsächlichen Bedeutung entspräche. Die Kontroverse um eine neue Musikhalle wird ausgiebig und mit allem Engagement geführt, während kaum eine Diskussion über die Notwendigkeiten und Bedarfe der freien Kulturszene noch darum herumkommt, dass man den vielen kleinen Projekten das große Projekt als alleinigen Maßstab entgegenhält.

 

Um dieser wenig sachdienlichen Tendenz entgegenzuwirken, muss das Kulturangebot des "freien" Spektrums deutlicher, prägnanter und überzeugender hervortreten. Münsters Kultureinrichtungen erfüllen einen kulturellen Auftrag der Stadt, sie verstehen sich zum überwiegenden Teil als Dienstleister, die die kulturelle "Grundversorgung" der Stadt gewährleisten. Beispielhafte Vergleiche mit anderen Städten werden erweisen, dass Münster sich ohne weiteres - auch mit deutlich größeren - Städten messen kann.

 

·         Ziel sollte es von daher sein, das Kulturangebot dieses Spektrums stärker und deutlicher zu profilieren. Denn unbestritten darf wohl jetzt schon festgehalten werden: Die freie Kulturszene ist nicht nur „schmückendes Beiwerk“, sondern ein prägender Faktor der Münsteraner Kulturlandschaft, die dieser Stadt schon viele „kulturelle Stempel“ aufgedrückt hat und aufdrücken wird. Deshalb soll die Szene in ihrer ganzen bunten Vielfalt dargestellt werden.

 

·         Es geht darum, die Aspektvielfalt der Szene wirklichkeitsgetreu zu umspannen, die Bedeutung der freien Kultur für Stadt und Region herauszuarbeiten, das feinmaschige Netz lokaler Kultureinrichtungen und KünstlerInnen transparent zu machen (konkrete erfolgreiche Beispiele), die Rolle der freien Stadtkultur als de facto wirkender Wirtschafts- und Standortfaktor hervorzuheben, die Verflechtungen von Hoch-, Sub-, Alltags-, und Avantgardekultur(en) aufzuzeigen. Darin eingeschlossen ist die Bandbreite der Zielgruppen, mit denen die Angebote der genannten Einrichtungen ihre kulturbildenden Wirkungen entfalten.

 

·         Es geht darum, die über Einzelphänomene hinausgehende Gesamtkultur der lokalen "Szene" greifbar zu machen. Mit den dabei gefundenen Erkenntnissen werden die Kultureinrichtungen der verschiedensten Sparten ihre Arbeit in quantitativer und vor allen Dingen in qualitativer Hinsicht plastischer und repräsentativer darstellen können - ganz im Sinne der gerade von Kulturträgern stets geforderten - und geleisteten - Selbstvergewisserung. (Sich dabei betriebswirtschaftlicher Methoden zu bedienen, ist auch und gerade für freie Träger selbstverständliche Alltagspraxis.)

 

·         Die freie Kultur sollte bei aller Inhomogenität (verschiedene Sparten, unterschiedliche Ensembles, Einzelkämpfertum um Fördertöpfe ...) auf das sie einigende hin beschrieben werden, und das ist die Arbeitsform: Projektorientiert, außerhalb der Hierarchien der Institutionen, für variable Aufführungsorte. Dazu gehören als wesentliche Merkmale die Offenheit für neue Akteure. Dadurch wird dieser Bereich auf seine Art wertvoll für die Stadt: es handelt sich um ein vielfältig nutzbare kreative Ressource, die auch in vielfältigen Zusammenhängen eingesetzt wird und wurde. Diese Einsatzorte (Stadtklang ...) in größeren Konzepten sollten  dargestellt werden. Die öffentliche Wahrnehmung sieht darin immer  nur die Aktivität einer einzelnen Gruppe und nicht eines "Feldes" von Akteuren. Dass viele Veranstaltungskonzepte ohne die "Freien" nicht möglich wären und teilweise nicht einmal entstanden wären, wird an Beispielen verdeutlicht. Die vielen Arme der Szene in und durch die Stadt zeichnen sie gegenüber mancher Institution aus: Offenheit, Innovation, Vernetzung, Wechsel der Akteure, Projektverantwortung statt "Stellenbeschreibung", städtischer kultureller Arbeitsmarkt, Vorhalten von kulturellen Strukturen.

 

·         So gebündelt wird die qualitative Vielfalt der kulturellen Angebote unübersehbar. Exemplarisch seien hier nur folgende, sorgsam zu beobachtende Entwicklungstendenzen aus der "freien" Münsteraner Kulturlandschaft genannt:

 

-          Kurse für verschiedene Altersgruppen, wöchentlich oder als Workshops, bietet beispielsweise die Jugendkunstschule des Kreativhauses. Ziel: kulturelle "Grundversorgung" für Kinder und Jugendliche, Qualitätsziel: konzentrierte Arbeit unter qualifizierter Anleitung, immer mit künstlerischem Ergebnis. Aber auch dieses: Kinder und Jugendliche erhalten die Möglichkeit, ihre Gefühle wie Frustration, Freude und Trauer abzuarbeiten. Messgrößen sind die Anzahl der Kurse und Projekte, Berichtsdaten die Teilnehmerzahlen;

 

-          das Filmfest der Filmwerkstatt will sich als überregionales Festival etablieren,

 

-          der BBK/Verdi und die Ateliergemeinschaften unbekannte Künstler fördern;

 

-          das Musik- und Probezentrum Am Hawerkamp konnte - obwohl auf städtebaulichem Konfliktgelände gelegen - Konzeption und Kapazität grundlegend neu gestalten und optimieren;

 

-          last but not least hat das Cinema just eine Auszeichnung als bestes Kino Deutschlands erhalten.

 

Viele Dinge stehen nebeneinander, der praktische Austausch passiert, wird aber in der Öffentlichkeit nicht wahrgenommen.

 

 

·         Eingebunden und zur Mitarbeit aufgefordert werden alle Münsteraner Gruppen, Veranstalter, Verlage, Vereine, gemeinnützige und (teil-)gewerbliche / kommerzielle Institutionen u.a., insbesondere natürlich die KünstlerInnen in den Bereichen Kultur und Medien. Die Darstellung wird auch interessante Daten darüber liefern, wie viele Künstler in welchen Sparten eigentlich in Münster leben und arbeiten, oder versuchen, als  Künstler zu leben und zu arbeiten und Antworten zu den Fragen liefern:  Wer macht eigentlich mit welchen Mitteln und Zielen was. Und wie könnten die das, was sie machen, noch besser machen. Darüber hinaus darf man erste Hinweise über die soziale Lage in den künstlerischen Berufen erwarten.

 

·         Schritte dahin:

 

·         Erfassung der Daten und Selbstdarstellungen der genannten und im weiteren Verlauf interessierten Gruppen und KünstlerInnen.

 

Darin sollte vorkommen

- Struktur (des Vereines, der Einrichtung auch des einzelnen Künstlers (eingebunden in andere örtliche und regionale Zusammenhänge)

- Leistung (was wird gemacht, Projekte aus der Vergangenheit, derzeit und was wird geplant), was wird hauptsächlich gemacht, Entwicklungen der letzten Jahre, konkrete Beschreibung der Arbeit, Kontakte, Veranstaltungsort, Veranstaltungen,

- Adressaten (wer wird/soll erreicht werden, die sogenannte Zielgruppe)

- Effizienz (mit wie viel Geld wird wie viel Umsatz gemacht, eigenen Räumlichkeiten) personelle Situation, finanzielle Situation, Städtische Grundförderung - Wir machen aus jeder Mark fünf.

- Fragen zur Einnahmestruktur der einzelnen Künstler (Wie finanzieren sich eigentlich die Leute, die Beiträge zur lokalen Kultur liefern)

- Fragen zur Selbsteinschätzung (Profi, Halbprofi, Amateur, Hobby)

- Welche Kernprobleme bestehen (Bedarfsanalyse)? Welche Forderungen gibt es? Aufzeigen notwendiger Steuerungsnotwendigkeit städtischer Politik Problemfelder, Vergleich von Kürzungen bei großen und kleinen Einrichtungen z.b. was jeweils bei einer 5.000 DM passiert. Was wird als Pflicht und Kür für die kommunale Kulturpolitik gesehen?

 

Umgesetzt soll das ganze durch eine Befragung der beteiligten Gruppen und KünstlerInnen (Fragebogen, Interviews, Recherche bei den diversen Medien als auch bei Politik und Verwaltung), durch eine Zusammenfassung der Selbstdarstellungen sowie durch eine qualifizierte Bewertung der ganzen Ergebnisse. Es soll sich nicht um eine quantitative Aufzählung der Gruppen und deren Arbeit handeln, sondern konkret und vor allen Dingen qualitativ die Bandbreite, Aufgaben und praktische Arbeit der „freien Kulturszene verdeutlichen.

 

Diese Ergebnisse werden dann in einer entsprechen Form (Broschüre, Präsentation im Internet, Verdeutlichen durch Aktionstage wie z.b. Tag der Offenen Studios, Tag der Offenen Ateliers, Tag der Offenen Tür der Veranstalter- Diskussion mit Politik und Verwaltung) veröffentlicht. Auch ist angedacht, die Ergebnisse in einer Vortragsreihe mit Vorträgen, Diskussionen, Hearing (?) mit möglichen Kooperationspartner, sprich FH, Uni-Instituten, Weiterbildungseinrichtungen zur Bedeutung lokaler Kultur- und Kunstschaffender unter verschiedenen Aspekten zu beleuchten.

 

Kosten: 7.500 DM für Personal und Sachkosten

Finanzierung: Stadt Münster 5.000 DM und 2.500 DM Eigenbeteiligung der Gruppen

Mit freundlichem Gruß und der Bitte um Unterstützung

Im Auftrag

 

Rainer Bode