Milo Köpp
"Aus den Laden"

Förderverein Aktuelle Kunst e.V.
(Lincoln-Quartier)
Fresnostraße 8
48159 Münster

Telefon: 02 51/ 4 92 41 01
Öffnungszeiten:
Mi-Fr: 17-19.30 Uhr
und nach Vereinbarung

 
In seiner Videoinstallation tritt uns Milo Köpp gleichsam als geteilte Künstlerpersönlichkeit auf den Bildschirmen zweier Fernseher vor Augen - reduziert auf Kopf und Bauch steht er sich in seiner Funktion als planender Künstler und arbeitender Handwerker im gleichen Arbeitsanzug gegenüber. Aus diesen beiden Perspektiven entspinnt sich ein Dialog über Lust und Zweifel am Objekt, der, analog zum Stummfilm, über eingeblendete Texttafeln geführt wird.

Der Künstler begegnet uns in Gestalt zweier Akteure, die auf einer für sie gestalteten Bühne gemeinsam die eigene Arbeit, das Verhältnis von Handwerk und Konzeption reflektieren, ohne jedoch zu einem abschließenden Ergebnis zu gelangen. Bildlichen Ausdruck findet dies in dem Kopf, der nach jedem Sinnabschnitt innerhalb des Dialoges beginnt, sich erneut um die eigene Achse zu drehen, bevor er den Kreis hat schließen können. Der Dialog dreht sich einer Spirale gleich um sich selbst, ohne Anfang und Ende, wodurch weder Beginn noch Dauer der Betrachtung vorgegeben sind. So gibt es keine Handlung und auch die Tätigkeiten der beiden Künstlerhälften werden nicht gezeigt, sondern bleiben nur erahnbar.

Nachdem in der zeitgenössischen Kunst ein Werk zunehmend nicht mehr anhand seiner handwerklichen Fertigung beurteilt und diese oftmals anderen überlassen wird, also seinen Marktwert innerhalb von Sekunden durch das Setzen der Signatur erhält, vertritt Milo Köpp einen künstlerischen Ansatz, der das Verhältnis von Handwerk und Konzeption wieder in die Kunst zurückführt. Er selbst glaubt nicht, wie er sagt, "an die Möglichkeit einer Trennung oder Gewichtung zwischen materieller Umsetzung und künstlerischer Inspiration ... Diese Teilung ist eine Konstruktion", wie es die Splittung des Künstlers in Denker und Handwerker, die Gesprächsinhalte über die wechselseitige Abhängigkeit von Idee und Ausführung wie auch die plastisch-räumliche Inszenierung widerspiegelt. Die Präsentation mutet provisorisch an - Bretter sind zu einem Bodenfragment verlegt, dessen Fläche einem Patchwork gleich gestaltet scheint. Der Dialog findet Eingang in den Aufbau und bezieht sich auch auf das Konzept der Arbeitszeiten.

Alle plastischen Elemente hat Milo Köpp mit den dazugehörigen Zeiten ihrer Anfertigung ausgewiesen. "Die Auflistung der einzelnen Daten ist sprachlicher Ausdruck für die Entstehung der Arbeit in bestimmten Zeiträumen", wie Köpp in seinen 11 Arbeitsthesen formuliert. Mit dem gestaltenden Element der Daten und dem Signet 'milomade' weist der Künstler jedes von ihm gefertigte Objekt als ein Original aus, die Angabe der Arbeitszeiten "ersetzt die Handschrift".

"Aus den Laden", so auch der Titel der Videoinstallation, erklingt Musik, die analog zur Idee den stummen Dialog begleitet. Die Improvisation des Komponisten Christoph Staude gestaltet den akustischen Raum für das nicht enden wollende Zwiegespräch der beiden Protagonisten. Die Musik entfaltet mit Brüchen, Stimmungswechseln, harmonischen und disharmonischen Elementen innerhalb der Arbeit von Milo Köpp einen ästhetischen und künstlerischen Eigenwert. Ihr Ort, der Turm der Schubladen, scheint für den Elfenbeinturm zu stehen, in dem die kreative Welt des Künstlers ein Eigenleben führt - ohne Bezug zur 'Außenwelt' bzw. ohne Gewißheit, einmal die Laden zu verlassen, um zur Ausführung zu gelangen.

Die Arbeit mutet mit der Kombination gestalteter Formen, Bild, Text und Musik wie eine Collage aus formalen und inhaltlichen Vorstellungen an, die der Künstler im Verlauf der Zeit gesammelt hat.

Mit dem selbstbezüglichen Ansatz hat Milo Köpp seine Künstlerpersönlichkeit in der Videoinstallation "Aus den Laden" in eine artifizielle Form überführt, deren Modellhaftigkeit nicht ohne Ironie erneut die Frage nach dem Verhältnis von Kunst und Handwerk aufwirft.

Bettina Dorn