Pazifistische Erklärung der DFG-VK zum Nahost-Konflikt
Doppelte Solidarität mit der Bevölkerung in Israel und in Palästina –
Frieden und Gerechtigkeit sind der Weg und das Ziel
Vom 17. bis 26. April hat die DFG-VK – gemeinsam mit Connection e.V. – unter
dem Titel "Nahost-Konflikt ohne Ende? – Antikriegsarbeit in Israel" eine
Vortrags- und Veranstaltungsrundreise mit drei israelischen
FriedensaktivistInnen der Organisation New Profile durchgeführt. Bei
Veranstaltungen in 26 Städten mit jeweils zwischen 50 und 200 Besuchern
wurde über Ursachen und Hintergründe des israelisch-palästinensischen
Konfliktes berichtet sowie über die zunehmende politische Bedeutung der
Kriegsdienstverweigerung von israelischen SoldatInnen und über die
Aktivitäten der israelischen Friedensbewegung.
Nach Abschluss dieser überaus erfolgreichen Veranstaltungsreihe erklärt die
DFG-VK:
Der Nahost-Konflikt ist in den letzten Wochen in dramatischer Weise
eskaliert – in dieser Spirale der Gewalt reihen sich Terroranschläge
palästinensischer Selbstmordattentäter und massive Gewaltaktionen der
israelischen Armee aneinander, wobei jede Seite ihr Verhalten als Reaktion
auf Aktionen der anderen Seite versteht. Die Folge sind Hunderte von Toten
auf beiden Seiten, großes Leid vor allem unter der Zivilbevölkerung und
immense Zerstörungen in den besetzten Gebieten.
Als PazifistInnen wissen wird: In Terror, Rechtsbruch und Gewalt liegt für
keine der beiden Seiten eine Zukunft. Nur ein Ausstieg aus der Gewaltspirale
und ein Ausgleich der berechtigten Interessen beider Seiten kann die Chance
für Verständigung und einen dauerhaften Frieden eröffnen. Wir warnen dabei
vor einseitigen Schuldzuweisungen und halten eine differenzierte
Betrachtungsweise für notwendig, zu der auch der Blick auf die historischen
Zusammenhänge des Nahost-Konfliktes gehört:
- Die Shoa, der von Nazi-Deutschland organisierte und begangene Völkermord an den europäischen Juden und ihre nahezu vollständige Vernichtung, war eine der wesentlichen Voraussetzungen für die Gründung des Staates Israel und begründet das besondere Schutzbedürfnis Israels. Die Bundesrepublik Deutschland und wir als Deutsche sind politisch deshalb besonders verpflichtet, für die Sicherung des Existenzrechtes Israels einzutreten.
- Gleichzeitig war die israelische Staatsgründung für die Palästinenser eine von ihnen als "Nakba" (Katastrophe) bezeichnete traumatische Erfahrung, weil sie mit ihrer massenhaften Vertreibung einherging. Die seit 35 Jahren anhaltende völkerrechtswidrige israelische Besetzung der Westbank und die andauernde und fortschreitende Errichtung illegaler israelischer Siedlungen auf enteignetem palästinensischen Land haben diese Demütigung fortgesetzt und rauben der palästinensischen Bevölkerung jede Perspektive.
Als PazifistInnen sehen wir uns deshalb in einer doppelten Solidarität mit
der Bevölkerung Israels und mit der Bevölkerung Palästinas. Dabei gilt für
uns:
- Gewalt und Krieg sind keine Lösung, sie führen im Gegenteil zu immer neuer Gewalt. Wir fordern alle Konfliktparteien dazu auf, jeder Form von Gewalt sofort eine klare Absage in Wort und Tat zu erteilen. Die zunehmende Zahl der Kriegsdienstverweigerer und Kriegsdienstverweigerinnen in Israel ist dabei ein besonders ermutigendes Zeichen der Hoffnung.
- Weil Gewalt und Krieg keine Lösung sind, halten wir auch jede militärische Einmischung, z.B. die Entsendung internationaler Truppen, für einen Schritt in die falsche Richtung. Deshalb und in besonderer Weise wegen der historischen Schuld Deutschlands lehnen wir alle Überlegungen zur Stationierung deutscher Soldaten in Israel/Palästina entschieden ab. Von der deutschen Bundesregierung fordern wir, die vorübergehend ausgesetzten Rüstungslieferungen an Israel nicht wieder aufzunehmen.
- Frieden lässt sich nur mit friedlichen Mitteln erreichen und ist nur möglich, wenn die unterschiedlichen Interessen in gerechter Art und Weise ausgeglichen werden. Dazu gehört, dass Israel sich sofort aus allen besetzten Gebieten zurückziehen und die dort errichteten Siedlungen aufgeben muss. Auf der anderen Seite muss die Palästinensische Autonomieverwaltung willens sein und in die Lage versetzt werden, Gefährdungen der Sicherheit Israels durch terroristische Anschläge wirksam zu verhindern.
Kassel, 28. April 2002
DFG-VK-Bundesausschuss