Wenn nicht schnell gehandelt wird, werden nach Schätzungen von Hilfsorganisationen in diesem Winter einhunderttausend afghanische Kinder verhungern oder erfrieren. PolitikerInnen, die dies in Kauf nehmen, dürfen für sich nicht in Anspruch nehmen, einer "zivilisierten Welt" anzugehören. Für den völkerrechtswidrigen Einsatz von Streubomben, die weite Flächen verminen, für Bomben auf Krankenhäuser und Lebensmittellager kann es keine Rechtfertigung geben. Der Bundeskongress der DFG-VK setzt sich für einen sofortigen Waffenstillstand in Afghanistan und die Aufnahme politischer Verhandlungen ein. Vier Wochen nach Beginn der Bombenangriffe auf afghanische Städte wird immer deutlicher, wovor PazifistInnen von Anfang an warnten: Dieser Krieg ist ein Angriff auf die Zivilbevölkerung. Er zerstört nicht die Kommandostrukturen einer Terrororganisation, sondern die Lebensgrundlagen des ärmsten Landes der Erde. Deshalb kann er nicht mit einem "Recht auf Selbstverteidigung" begründet werden.
Die DFG-VK fordert daher von der Bundesregierung:
Gemeinsam mit Friedensorganisationen in den USA und in vielen anderen Ländern fordern wir die Regierungen der USA und Großbritanniens auf, unverzüglich alle Kriegshandlungen einzustellen und die Versorgung der Not leidenden Zivilbevölkerung in Afghanistan nicht länger zu gefährden.
Wir wissen, dass die Bevölkerung in Afghanistan und insbesondere die Frauen und ihre Kinder unter dem undemokratischen und religiös-fanatischen Regime der Taliban ebenso leiden, wie unter den Folgen von über 20 Jahren Krieg und Bürgerkrieg. Wir machen jene, die nun das Taliban-Regime militärisch zerschlagen wollen, für seinen Aufstieg verantwortlich. Ihnen geht es nicht nur um Vergeltung, sondern auch um den Zugang zu den großen Öl- und Erdgasreserven in Zentralasien. Die heutigen Feinde der USA wurden von westlichen Militärs und Geheimdiensten ausgebildet und aufgerüstet. Auch der heute als Terroristenführer gesuchte Bin Laden galt einst als Freiheitskämpfer und wurde von der CIA gefördert. Der Krieg gegen Afghanistan ist als Maßnahme für die Ergreifung Bin Ladens untauglich und unverhältnismäßig. Selbst US-Verteidigungsminister Rumsfeld bezweifelt inzwischen, dass er militärisch gewonnen werden kann. Dennoch sterben täglich Menschen bei den Luftangriffen und an ihren Folgen.
Der Gefahr von terroristischen Anschlägen muss politisch und nicht militärisch begegnet werden, Sicherheit für die Bevölkerung kann und darf nicht auf Kosten der Demokratie angestrebt werden. Aus den Menschen verachtenden Anschlägen auf das World-Trade-Center und das Pentagon ist vor allem die Lehre zu ziehen, dass Sicherheit eben nicht militärisch herzustellen ist. Auch die höchsten Rüstungsausgaben und die stärkste Armee der Welt hat die USA vor den Angriffen nicht schützen können. Sicherheit muss vor diesem Hintergrund neu gedacht werden. Die DFG-VK wehrt sich dagegen, die Anschläge zum Anlass zu nehmen um Grund- und Freiheitsrechte einzuschränken und die Überwachung der Menschen in Deutschland zu intensivieren. Insbesondere lehnen wir alle Maßnahmen ab, die die Rechte von Flüchtlingen weiter einschränken sollen oder die dazu beitragen, Rassismus und Ausgrenzung zu fördern. Konkret bedeutet dies:
Langfristig kann dem Terror nur mit einer solchen globalen Politik die Zustimmung entzogen werden, die das Überleben aller unter menschenwürdigen Bedingungen sicher stellt und für Frieden, Demokratie und soziale Gerechtigkeit weltweit eintritt. Regionale Krisenherde und lang anhaltende Bürgerkriege bilden den Nährboden für Hass und Gewalt. Ein besonders deutliches Beispiel ist der Konflikt zwischen dem israelischen Staat und den palästinensischen Organisationen. Hier bedarf es besonderer internationaler Anstrengungen, um den Friedensprozess wieder zu beleben und zu einer Lösung zu finden, die Israels Existenzrecht ebenso gewährleistet wie das Recht der PalästinenserInnen auf Selbstbestimmung und Rückkehr der Flüchtlinge.
In kaum einem Industriestaat erreicht die Entwicklungshilfe die von der UNO geforderten 0,7% des Bruttosozialproduktes erreicht. Statt dessen wird vielfach weiterhin die Aufrüstung der Entwicklungsländer durch Militärhilfe, Ausbildung und Rüstungsexporte gefördert. In Deutschland sind die Ausgaben für die Entwicklungshilfe unter der rot-grünen Regierung weiter gesunken. Sie erreichen nur noch knapp 50% des UN-Richtwerts. Angesichts dessen, dass täglich 24.000 Menschen an Hunger sterben ist dies ein Skandal.
Für die PazifistInnen in der DFG-VK ist der mörderische Krieg in Afghanistan ein Anlass, eine Umkehr in der Entwicklungs-, Außen- und Sicherheitspolitik zu fordern. Statt einer Bundeswehr, die weltweit für die Interessen der Wohlhabenden in Kriege zieht, fordern wir nun erst recht glaubhafte Schritte zur Abrüstung. Diese schließen ein:
Langfristig strebt die DFG-VK die Auflösung der Bundeswehr und aller Armeen an.
Frieden kann nicht mit Krieg gesichert, Terror nicht mit Gewalt begegnet werden. Militär als Mittel der Politik abzulehnen und auf ziviler Konfliktlösung zu bestehen ist keine Haltung von Utopisten, sondern der einzige Ausweg aus der Gewaltspirale.