Rede


der Deutschen Friedensgesellschaft zum 1.9.1999

Herzlichen Glückwunsch!

Heute vor sechzig Jahren ließ Adolf Hitler seine Wehrmacht in Polen einmarschieren. Und plötzlich wurde den späteren Alliierten die Sache zu heiß. Sie hatten nichts unternommen, als Hitler 1938 österreich "anschließen" ließ, sie hatten nichts unternommen, als er anschließend die Tschechoslowakei einkassierte. Eigentlich hätte man daraus lernen können.<

Hätte- doch der Konjunktiv führt ins Leere. Der Westen hat, statt nach Lösungen zu suchen, aus Angst vor Ajatollah Khomeini Saddam Hussein für den damaligen Krieg am Golf ausgestattet- wohl wissend, daß er ein Diktator war, wie er im Buche steht, und wohl wissend, daß ihm die Menschenrechte schnurz waren. Als er dann Kuwait besetzen ließ, schrien sie nach Menschen- und Völkerrecht- ob in Kuwait diese Rechte zählten? Oh nein! Von Demokratie keine Spur. Menschenrechte? Drittrangig.

Menschenrechte- wenn wir schon mal dabei sind-

Warum muß im Kosovo plötzlich militärisch eingegriffen werden? Was ist mit Afghanistan? Was mit Ruanda und Burundi? Was ist mit der Türkei? Dort wird gefoltert- aber Teil der "Wertegemeinschaft" NATO darf sie dennoch bleiben.

Menschenrechte waren 1939 kein Grund zum Eingreifen- dann hätten die späteren Alliierten schon viel früher etwas unternommen.

Und Menschenrechte sind bis heute kein Grund zum Eingreifen- in Wirklichkeit geht es doch- und das können Sie auch in den Verteidigungspolitischen Richtlinien nachlesen- in Wirklichkeit geht es um Rohstoffe, um Rohstoffe und um strategische Interessen. Wären Menschenrechte irgendwie wichtig gewesen, hätten die Städte des westfälischen Friedens, Münster und Osnabrück, die Flüchtlinge aus dem Kosovo aufnehmen dürfen, wie sie sich bereiterklärt hatten. Schritt für Schritt wird die Humanität aus der Politik gedrängt. Das Militär möge diese Aufgabe übernehmen, für die es eigentlich nicht geschaffen ist. Die Politik ist dazu offenbar nicht mehr in der Lage.

Krieg ist ein Verbrechen, ein Verbrechen an der Menschheit. Wir betrachten als ein Menschenrecht, davon verschont zu bleiben. Ob als Betroffener oder Beteiligter. Wir fordern alle dazu auf, dieses Recht zu wahren und sich nicht an Kriegshandlungen zu beteiligen oder sie zu befehlen, sondern die Ursachen zu bekämpfen. Denn Krieg ist niemals human, und wenn dieser Begriff noch so laut propagiert wird von den- jenigen, die getötete Zivilisten, Frauen und Kinder, als "Nebenschäden" betrachten!

Leider haben wir trotz des verhältnismäßig fortschrittlichen Rechts keine legale Möglichkeit dazu. Wenn wir auffordern dazu, dies konsequent zu tun, machen wir uns strafbar. Denn wir würden damit dazu auffordern, die Waffen fallen zu lassen und sich der Bundeswehr wie auch dem Zivildienst zu entziehen. Das wäre Fahnenflucht, und dazu aufzufordern strafbar. Also tun wir das nicht. Wir stellen uns statt dessen vor, es sei Krieg und keiner ginge hin.

Naja, besser inkonsequent als gar nicht verweigert.

Warum aber ist der Zivildienst inkonsequent? Weil man auch dann verplant ist für den "Ernstfall"! Auch ohne Waffe ist man sehr wohl verwendbar im Kriege! Im Grundgesetz ist nur festgeschrieben, daß man den Kriegsdienst mit der Waffe verweigern darf- keine Spur von der Möglichkeit, sich gar nicht daran zu beteiligen!

Warum aber schreibt man uns diese Inkonsequenz vor? Reicht es denn nicht vollkommen aus, daß dieser Staat, daß sämtliche Regierungen dieses Staates inkonsequent sind? Sprach man nicht einst davon, Deutschland solle nie wieder bewaffnet sein? Sprach man nicht einst davon, von deutschem Boden dürfe nie wieder Krieg ausgehen? Wieviel Inkonsequenz trauen wir dem Staat noch zu? Immerhin hat unsere gewesene Regierung schon die reine Verteidigungsfunktion der Bundeswehr ergänzt durch die Zusatzfunktion, den Zugang zu Rohstoffen zu sichern. Und unsere jetzige hat die Bundeswehr exportiert, nachdem Scheibchen für Scheibchen dem Volk die Salami schmackhaft gemacht wurde. Wer glaubt denn noch wirklich, es ginge um Humanität und Menschenrecht?

Dieser Politik, dieser schiefen, inkonsequenten Politik müssen wir uns verweigern!