Bezirksbürgermeister kündigt Umbenennung von Woermannweg und Lüderitzweg an

In der Bezirksvertretung Süd-Ost wurden in der Sitzung am 14. Mai 2024 die Leitlinien für Ehrungen im öffentlichen Raum diskutiert. Bevor es zur Aussprache im Gremium kam, machte Bezirksbürgermeister Peter Bensmann (CDU) in einem Statement vorab deutlich, dass anhand der Leitlinien der Woermannweg und der Lüderitzweg umbenannt werden sollten. Als Hauptgrund nannte er die Benennung der beiden Straßen während der NS-Zeit zu ideologischen Zwecken. Die Einwände einige anwesender Ratsmitglieder, die Anwohnerinnen und Anwohner zu dieser Entscheidung vorher zu befragen, wurden von Bensmann zurückgewiesen. Die Einscheidungskompetenz liege in dieser Frage bei der Bezirksvertretung, diese könne nicht auf die Anwohnenden übertragen werden.

Im Anschluss an die Aussprache wurden die Leitlinien durch die Bezirksvertretung angenommen. Über die Sitzung vom 14. Mai berichteten auch die Westfälischen Nachrichten.

Stadt Münster erstellt Leitlinien für Straßenumbenennungen

Die Stadt Münster hat Leitlinien und Kriterien für Ehrungen im öffentlichen Raum erarbeitet. Diese finden sich in einer öffentlichen Beschlussvorlage, über die der Rat der Stadt am 19. Juni 2024 entscheiden soll. Darin heißt es, „die Einigung auf gemeinsame Grundsätze und Kriterien zur Entscheidungsfindung bei Ehrungen im öffentlichen Raum soll die Transparenz und Nachvollziehbarkeit gegenüber der Bürgerschaft erhöhen“.

Neben umstrittenen Denkmalen geht es in dem Papier unter anderem auch um Straßenbenennungen und -umbenennungen. Bezüglich Straßenumbenennungen wird in den Leitlinien festgehalten: „Eine Umbenennung ist möglich, wenn Fakten und eine historische Bewertung vorliegen, die zweifelsfrei nachweisen, dass die Ehrung der Person(-engruppe) unzulässig ist (…) oder die ursprüngliche Straßenbenennung
propagandistischen Zwecken der nationalsozialistischen Zeit diente.“ Und weiter: „Die Benennung nach Personen(-gruppen) stellt eine Ausnahme und besondere Ehrung dar; ein mahnender Charakter ist dabei nie intendiert.“

Bevor der Rat der Stadt über die Leitlinien entscheidet, wird die Beschlussvorlage auch in den Bezirkvertretungen diskutiert. Die Anhörung für den Bezirk Münster Süd-Ost, in dem über die Umbenennung der Straßen Lüderitzweg und Woermannweg entschieden werden muss, findet am 14. Mai 2024 statt.

Bezirksvertretung Münster-Südost berät über Umbenennung von Woermannweg und Lüderitzweg

In ihrer Sitzung vom 28. Februar 2023 haben die Mitglieder der Bezirksvertretung Münster-Südost über die Umbenennung des Woermannwegs und des Lüderitzwegs beraten. Unter den Vertreterinnen und Vertretern herrschte dabei Einigkeit darüber, die Bürgerschaft in den Entscheidungsprozess einbeziehen zu wollen. Dies soll im Rahmen einer öffentlichen Informationsveranstaltung geschehen. Eine Entscheidung über eine mögliche Umbenennung soll erst im Anschluss gefällt werden.

Mit der Beratung über eine Umbenennung der beiden Straßen hatte die Bezirksvertretung eine Anregung nach § 24 GO NRW durch die Initiative zur Umbenennung des Lüderitzwegs und des Woermannwegs aufgegriffen.

Umbenennungsinitiative stellt Bürgerantrag

Die Initiative zur Umbenennung des Woermannwegs und des Lüderitzwegs hat bei der Stadt Münster eine Anregung gemäß Paragraf 24 Gemeindeordnung NRW eingebracht, nach der beide Straßen umbenannt werden sollen. Als Alternativen verweist sie auf die von den Anwohnerinnen und Anwohnern gemachten Vorschläge für neue Namen der Straßen.

In der Begründung des Bürgerantrags heißt es: „Mit den Namen der beiden Straßen wird die Zeit des deutschen Kolonialismus in unangemessener Weise verherrlicht. Mit Adolf Lüderitz und Adolph Woermann werden Personen geehrt, die an Kolonialverbrechen des Deutschen Kaiserreiches beteiligt waren. Die Straßenbenennung erfolgte zudem in der Zeit des Nationalsozialismus und im Sinne der NS-Ideologie. Einer weltoffenen und toleranten Stadt wie Münster („Stadt des Friedens“) steht die Ehrung dieser Personen nicht gut zu Gesicht. Eine Umbenennung wäre ein Zeichen für einen bewussten und kritischen Umgang mit der Vergangenheit und für eine demokratisch wache Stadtgesellschaft.“

Straßenumbenennungen im Bezirk Münster-Mitte

Die Fraktionen der Grünen, SPD, Volt, CDU und FDP in der Bezirksvertretung Mitte haben sich für die Umbennung der Ostmarkstraße und der Admiral-Scheer-Straße ausgesprochen. In ihren gemeinsamen Antrag begründen sie diese Entscheidung damit, dass die Straßennamen „den Nationalsozialismus verherrlichen bzw. nationalsozialistisches Gedankengut transportieren und damit im Widerspruch zu den demokratischen Werten der Bundesrepublik stehen“. Der Begriff „Ostmark“ bezeichnete zwischen 1939 und 1942 das Gebiet des heutigen Österreichs, das im Nationalsozialismus ans Deutsche Reich angeschlossen wurde. Reinhard Scheer war Admiral im Ersten Weltkrieg. Er ließ zwei Hinrichtungen gegen widerständige Matrosen vollstrecken und führte die deutsche Flotte in eine aussichtslose Seeschlacht gegen die britische Marine.

Darüber hinaus wollen die Grünen, SPD und Volt laut einem zusätzlichen Antrag noch acht weitere Straßen im Bezirk Mitte umbenennen: Admiral-Spee-Straße, Otto-Weddigen-Straße, Prinz-Eugen-Straße, Skaggerakstraße, Tannenbergstraße, Langemarckstraße, Manfred-von-Richthofen-Straße und Andreas-Hofer-Straße. Alle zur Disposition stehen Straßennamen wurden während der Zeit des Nationalsozialismus vergeben. Die Bezirksvertretung hatte zur Frage des Umgangs mit diesen Straßennamen ein Gutachten durch Dr. Alexander J. Schwitanski erstellen lassen, das am 18. Januar 2022 vorgestellt worden war.

UPDATE: Die Bezirksvertretung Mitte hat beide Anträge am 24. Januar 2023 angenommen. Damit sollen sieben der genannten Straßen umbenannt werden, nachdem Informationsveranstaltungen für die Bürgerinnen und Bürger zum Vorhaben durchgeführt wurden. Für drei weitere Straßen – Manfred-von-Richthofen-Straße, Andreas-Hofer-Straße und Ostmarkstraße – empfiehlt die Bezirksvertretung dem Rat der Stadt Münster eine Umbenennung.

Nachbarschaftlicher Austausch zur Straßenumbenennung

Am letzten Samstag im Oktober haben die Mitglieder der Initiative zur Umbenennung des Woermannwegs und des Lüderitzwegs alle Anwohnerinnen und Anwohner der beiden Straßen zum gemeinsamen Austausch eingeladen. Zum Informationsstand auf dem Lüderitzweg kamen zahlreiche Nachbarinnen und Nachbarn, um mehr über das Vorhaben der Umbenennung zu erfahren, aber auch um darüber kontrovers zu diskutieren.

Mit diesem Flyer wurden die Anwohnenden zum Austausch eingeladen.

Wichtig erschien dabei vielen, dass die ehemaligen Straßennamen im Falle einer Umbenennung durch ein Hinweisschild dauerhaft dokumentiert werden. Einerseits um der Befürchtung entgegenzutreten, dass durch eine Umbenennung Geschichte „ausradiert“ werde, andererseits um die Information über die besondere historische Stellung der beiden Straßen zu erhalten, die früher als die umliegenden Straßen als Abzweige von Angelmodder Weg entstanden sind.

Flipchart vom Infostand am Lüderitzweg. Weitere Vorschläge wurden per Postkarte oder E-Mail eingereicht; Foto: privat

Alle Interessierten konnten vor Ort Vorschläge machen, wie die Straßen zukünftig heißen sollen (Dokumentation unter Alternativen). Einigen war es dabei wichtig, dass mit den neuen Straßennamen nicht erneut Personen geehrt werden. Andere wollten den aus ihrer Sicht zu Unrecht Geehrten Woermann und Lüderitz gerade positiv besetzte und verdiente Personen entgegenstellen.

Viele Anwohnerinnen und Anwohner nutzten auch die Gelegenheit, den Bürgerantrag zur Umbenennung der beiden Straßen mit einer Unterschrift zu unterstützen. Insgesamt wurden dabei 24 Unterschriften gesammelt.

Stadt Münster will sich öffentlich zur „deutschen Verantwortung für koloniales Unrecht“ bekennen

Die Stadt Münster hat ein „Konzept zum zukünftigen Umgang mit Kriegerdenkmalen im öffentlichen Raum“ entwickelt. Die zahlreichen Kriegerdenkmale entlang der Promenade sollen mit Infostelen historisch-kritisch eingeordnet werden. Im Zentrum der Debatte steht dabei das sogenannte Train-Denkmal am Ludgerikreisel, mit dem auch an Soldaten erinnert wird, die an Verbrechen in den deutschen Kolonien beteiligt waren. Nach einem Beschluss des Stadtrates soll auf der Stele zu diesem Denkmal künftig der Satz stehen: „Die Stadt Münster bekennt sich zur deutschen Verantwortung für koloniales Unrecht und den Völkermord an den Herero und Nama zwischen 1904 und 1908. Münster, 2022.“

Stadtarchiv bescheinigt Lüderitz und Woermann „rassistische Gesinnung und aggressive kolonialistische Haltung“

Auf einem neuen Portal informiert das Stadtarchiv zu Kolonialen Räumen in Münster. Als koloniale Spuren im öffentlichen Raum werden dabei auch die Straßen Woermannweg und Lüderitzweg thematisiert. Neben Informationen zu den beiden Namensgebern wird ebenso auf die Geschichte der Benennung während der NS-Zeit eingegangen. Schließlich heißt es dort: „Aus heutiger Sicht besteht über die rassistische Gesinnung und eine aggressive kolonialistische Haltung der beiden Kolonialunternehmer kein Zweifel.“ Zu den Geschäftspraktiken der beiden Kaufleute, die in Münster mit einem Straßennamen geehrt werden, schreibt das Stadtarchiv: „Woermann organisierte die Verwaltung vor Ort. Auf diese Weise verkaufte er minderwertige Ware in der westafrikanischen Kolonie [Kamerun] und bezog im Gegenzug günstig Produkte wie Kautschuk oder Schwarzpulver. Eine ähnliche Rolle nahm der Bremer Tabakhändler Adolf Lüderitz im heutigen Namibia ein.“

Wer wir sind

Hervorgehoben

Wir sind eine nachbarschaftliche Initiative im Münsteraner Stadtteil Gremmendorf.
Hier gibt es zwei Straßen, deren Namen einen Bezug zur deutschen Kolonialzeit haben:
den Woermannweg und den Lüderitzweg.

Wir laden zu einer kritischen Auseinandersetzung mit diesen Straßennamen ein und möchten auf dieser Website Informationen zu den Namensgebern sowie zum historischen Hintergrund der Straßenbenennung geben.
Beide Straßennamen sehen wir als historisch schwer belastet an: Adolf Lüderitz und Adolph Woermann waren an Kolonialverbrechen zur Zeit des Deutschen Kaiserreiches beteiligt. Die Straßenbenennung erfolgte zudem in der Zeit des Nationalsozialismus und im Sinne der NS-Ideologie. Daher setzen wir uns für eine Umbenennung beider Straßen ein.