Globales Lernen am Beispiel Landgrabbing in Mexiko und auf den Philippinen mit Referenten des Programms „Bildung trifft Entwicklung“ vom Eine Welt Netz NRW e. V.
Eine Sendung des Eine Welt Netz NRW e. V. beschäftigt sich mit dem Thema „Landgrabbing“ und seinen konkreten Auswirkungen in Mexiko und auf den Philippinen. Die Studiogäste Luz Kerkeling und Hanns Groeschke waren jeweils mehrere Jahre vor Ort und berichten aus eigenen Erfahrungen, wie sich die betroffene Bevölkerung gegen den Verlust ihres Landes und ihrer Lebensgrundlage zur Wehr setzt. Als Referenten des Programms Bildung trifft Entwicklung erläutern sie im Sinne des Globalen Lernens die Zusammenhänge mit unserem Alltag in Deutschland, die Verantwortung des Einzelnen als Konsument und zeigen Möglichkeiten auf, wie die sozialen und politischen Risiken solcher Globalisierungsprozesse durch zivilgesellschaftliches Engagement gemindert werden können.
Landgrabbing, der größte Landraub der Geschichte weltweit: Durch die wachsende Weltbevölkerung, zunehmende Landnutzungskonflikte, ökologische Belastungen und Klimawandel, die Explosion der Nahrungsmittelpreise 2007-08 wird landwirtschaftlicher Boden immer mehr zu einem knappen Gut und rückt somit weltweit verstärkt ins ökonomische Interesse. Regierungen und private Investoren aus Industrie- und Schwellenländern erwerben große Ländereien vor allem in Entwicklungsländern, als Spekulationsobjekt oder zur Produktion von Exportprodukten und Bio-Sprit oder zur Ernährungssicherung der Investorländer. Dies geschieht in bisher nie gekanntem Ausmaß – nach Schätzungen des Weltbank-Ökonomen Klaus Deininger laufen Verhandlungen über 10-30% des global verfügbaren Ackerlandes – und unter massiver Umgehung von Landrechten.
Die von den Investoren angeführten Argumente, dass die Transaktionen durch den Ausbau der Infrastruktur, die Einführung neuer Technologie und die Schaffung von Arbeitsplätzen auch zu einem allgemeinen Aufschwung der lokalen und nationalen Wirtschaft führen würden, geht in der Regel nicht auf.
Besonders in fragilen Staaten, in denen weder Parlament noch Zivilgesellschaft eine Kontrollfunktion ausüben, bereichern sich die herrschenden Eliten durch großzügige Vergabe von Landkonzessionen. Für sie spielt es eine untergeordnete Rolle, dass durch die Abgabe von Anbauflächen, Weide- und Wassernutzungsrechten die lokale Subsistenzlandwirtschaft gefährdet wird oder es sogar zur Vertreibung der ansässigen Bevölkerung kommt. Um Platz für den Anbau von Biosprit aus Zuckerrohr und Ölpalmen zu schaffen, wurden z. B. ganze afrokolumbianische Gemeinden von Paramilitärs vertrieben, den Kleinbauern und -bäuerinnen in Paraguay von großen Sojafarmern ihre Landnutzungsrechte abgejagt, und in Guatemala ganz Dörfer der Maya zerstört. Zudem verursachen die agroindustriellen Großplantagen durch ausgedehnte Monokulturen mit intensivem Einsatz von Pestiziden, Mineraldünger und genetisch verändertem Saatgut negative Auswirkungen auf Umwelt und Gesundheit der lokalen Bevölkerung.
Luz Kerkeling problematisiert mit seinem Projekt „Wenn das Land zur Ware wird“ des Vereins Zwischenzeit e. V. in Münster die Bedrohung der indigenen Gemeinden in Chiapas, Südmexiko, durch Ölpalmplantagen, Tourismusprojekte und Autobahnausbau – Folgen unseres Hungers nach Palmfett, Biosprit und komfortabel-exotischem Tourismus. Gleichzeitig wird der friedliche und kreative Widerstand und der Aufbau von solidarisch-ökologischen Alternativen der organisierten indigenen Gemeinden thematisiert.
Hanns Groeschke ist der Verdrängung von kleinbäuerlichem Kokos-Anbau durch Ölpalm-Monokulturen auf den Philippinen auf der Spur oder wirft einen kritischen Blick auf die Verwendung von Palmöl, vor allem in den Fertigprodukten der Nahrungsmittelindustrie wie auch z. B. in Waschmitteln. Er setzt sich für die Aufklärung der Konsumenten über die sozialen und ökologischen Auswirkungen in den Produktionsländern und mehr Transparenz im Handel ein.