Münsters andere Stadtbücherei und ihr Bibliothekar

Walter Kusch

Walter Kusch

Ingeborg Oliver

In seiner privaten Bibliothek „Monasteria“ vereint Walter Kutsch rund 8000 Medienein­heiten, eine literarische Samm­lung, die ausschließlich Münster zum Gegenstand hat.

Da stehen sie rot gebunden im weißen Regal, alle Ausgaben der MSZ, die seit der Gründung der Seniorenzeitung im Jahr 1981 erschienen sind. Dass sie Aufnah­me in die Sammlung von Walter Kutsch gefunden haben, doku­mentiert ihre unbedingte Zuge­hörigkeit zur Stadt Münster. Seit mehreren Jahrzehnten sammelt der Privatmann alles Gedruckte zu dem einen Thema „Münster“: Bücher, Zeitschriften, Zeitungs­beilagen, Zeitungsausschnitte, Schülerzeitschriften, Theater­programme, Hochschularbeiten, Festzeitschriften, Chroniken. Alles ist systematisch geordnet nach Sachgebieten: Allgemeines, Geschichte der Stadt Münster, Kultur, gesellschaftliches Leben, Bildungswesen, religiöses Leben, Bau, Verwaltung, Wirtschaft.

Eine derartige umfangreiche Bibliothek über Münster ist ein­malig. Walter Kutsch verfügt über keine öffentlichen Mittel. Auch sein bibliothekarisches Fachwis­sen hat er selbst erarbeitet und finanziert. Fünf bis sechs Stun­den arbeitet er täglich in seiner Bücherei: ordnet, katalogisiert, beantwortet Anfragen. Der Voll­ständigkeit seiner Sammlung zum Thema „Münster“ gilt sein Haup­tinteresse. So ist er ständig auf der Suche nach Neuerscheinun­gen oder noch nicht gehobenen Schätzen. Ankauf von Literatur, Porto, Kopien, Buchbindearbei­ten verursachen einen jährlichen Kostenaufwand von etwa 3000 Euro. Die Beweggründe, die die­sen ungewöhnlichen Bibliothe­kar zu seiner systematischen und durch einen online-Katalog (www. muenster.org/kutsch) erschlosse­nen Sammlung veranlassten, fasst er selbst wie folgt zusammen: „In Münster gibt es ein Stadtmuse­um, ein Stadtarchiv, und auch eine Stadtbücherei. Während im Stadtarchiv und im Stadtmuseum vornehmlich Gegenstände zusam­mengetragen werden, die direkte Bezüge zu Münster haben, hat die Stadtbücherei eine völlig andere Aufgabe. Als „Volksbücherei“ ist sie wie auch die „Volkshoch­schule“ eine Bildungsanstalt bzw. Bücherei für alle und hält Bücher aller Gattungen und Inte­ressensgebiete für die Einwohner der Stadt bereit. Eine eigentliche Stadtbibliothek, in der nur Lite­ratur mit direkten inhaltlichen Bezügen zu Münster gesammelt wird, gibt es in Münster bisher nicht. Vielmehr muss die entspre­chende Literatur an verschiedenen Stellen zusammengesucht wer­den, z.B. in der Universitäts- und Landesbibliothek, im Stadtar­chiv, in der Stadtbücherei, in der Diözesanbibliothek, in einzelnen Institutsbibliotheken. Daher habe ich mir vorgenommen, mit mei­ner Sammlung den Grundstock zu legen für eine kompakte Stadtbi­bliothek, in der alle Literatur, die sonst verstreut ist, an einem Ort vorhanden und zugänglich ist und die darüber hinaus auch Bücher und Zeitschriften enthält, die anderswo in Münster überhaupt nicht vorhanden sind.“

Die private Präsenzbibli­othek „Monasteria“ steht allen Interessierten kostenlos zur Ver­fügung. Auf Anfrage erhalten Fachleute wie Privatpersonen Einlass und Hilfe bei ihrer Suche nach bestimmten Bereichen aus Münsters Stadtleben.

Von der Leidenschaft dieses ungewöhnlichen Bibliothekars profitieren viele Menschen und auch Institutionen. Kürzlich fragten Schüler im Rahmen eines Wettbewerbes nach Veröffentli­chungen über den Kreativkai in Münster. Andere suchten Literatur zum Bau des Ägidiimarktes. Ein Verlag wollte einen Band über Ur­aufführungen in Deutschland he­rausbringen und verdankt Walter Kutsch, dass auch Münster darin vorkommt, denn nur bei ihm gab es die komplette Sammlung von den Besetzungszetteln der Städ­tischen Bühnen aus den letzten Jahrzehnten.

Sein umfangreicher Lite­raturbestand zur Geschichte der Täufer in Münster wird auch von Studenten für wissenschaftliche Arbeiten gern genutzt. Jovel-Chef Steffi Stephan war glücklich, an­lässlich einer Ausstellung auf die Gesamtausgabe seiner Zeitschrift „Jovel-News“ zurückgreifen zu können, diese war tatsächlich nur in der Bibliothek „Monasteria“ auffindbar. Die vielen Dankes­schreiben, die den unermüdlichen Bibliothekar erreichen, kommen nicht nur aus Münster und seinem Umland.

Was einmal als Sammellei­denschaft des begeisterten Thea­terbesuchers vor vier Jahrzehnten begann, hat sich in den letzten Jahren zu einer in Deutschland einmaligen umfangreichen Pri­vatbibliothek entwickelt. Wenn Walter Kutsch seine Stadtbü­cherei einmal aus der Hand gibt, sollte ihre Zukunft gesichert sein. Vielleicht sieht die Stadt Münster Möglichkeiten für eine dauerhafte Übernahme oder es findet sich ein Mäzen, der das Engagement für diese Literatursammlung – so wie ihr Gründer – als Dienst an seiner Stadt versteht.

Kategorie: Archiv, Lokales

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