Kurze Geschichte der Musik- und Tanztherapieausbildung
aus persönlicher Erinnerung des auf diesem Gebiet seit über 45 Jahre tätigen Gründers
Die ersten Fort- und
Weiterbildungsseminare zur Musiktherapie hatte ich bereits im Rahmen
meiner ersten hauptamtlichen Anstellung in Freiburg mit interessierten
Lehramtsstudierenden durchzuführen begonnen. Als Doktorand des
Freiburger Ordinarius Prof. Dr. H. H. Eggebrecht hatte mich dieser in
seinem Seminar zur funktionellen Musik von 1970 zum Referieren
über das als Habilitationsschrift eingereichte Manuskript des
Mainzer Medizinhistorikers W. F. Kümmel "Musik und Medizin"
beauftragt. Seither hatte mich das Gebiet der Musikmedizin derart
fasziniert, dass ich meine Konzerte unter dem Aspekt der Wirkung von
Musik ausgerichtet, ab 1972 mit Lehrveranstaltungen an der PH Freiburg
dazu begonnen und alsbald Angebote zur Durchführung von
Musiktherapie-Kursen angenommen hatte (hier ein solcher Vertrag eines
damals sehr bekannten Instituts für Gruppendynamik). Der Name
Tanztherapie war in Deutschland noch nicht bekannt. Tanztherapie war ja
in den USA erst 1969 gegründet worden und hatte sich aufgrund des
damals noch nicht bestehenden Internets hierzulande so schnell nicht
herumgesprochen. Doch wirkte zu jener Zeit der nicht zuletzt aufgrund
seines schon 1958 erschienenen Buches "Musik in der Medizin"
des bekannte Arztes H. R. Teirich in Freiburg, dessen Frau
ihre Gymnastik ähnlich wie die 1988 in mein Institut in Köln
eingeladene Liljian Espenak, Gründerin des ersten
Tanztherapiestudiengangs in den USA, psychomotorisch nannte und hierzu
ausgewählte Musik einsetzte.
Inspiriert aber hauptsächlich durch
die rhythmische Erziehung, deren überaus wichtige Bedeutung ich
als Lehrer am Gymnasium in dem für zeitgenössische Musik
bekannten Donaueschingen erfahren konnte, hatte ich bereits 1973 meine
ersten Seminarveranstaltungen zur Musikpsychologie und Rhythmik auf die
Einrichtung eines Studiengangs Musiktherapie ausgerichtet. Dieser
sollte sowohl die im Musikunterricht erfahrene und erprobte Verbindung
von Musik und Bewegung im Hinblick auf die Schule, aber auch im
Hinblick auf das Gesundheitswesen berücksichtigen. Das Konzept ist
nachzulesen in dem zunächst von Hans Heinrich Eggebrecht,
Ordinarius für Musikwissenschaft an der Universität Freiburg,
1970 angenommenen Dissertationsthema (Gutachten und Empfehlung) und 1977 publizierten, mit "summa cum laude" ausgezeichneten Buch “Studie
zur Motivation im Musikunterricht: Ein Beitrag zur Didaktik des
psychophysischen Musikverstehens (Perspektiven zur Musikpadagogik
und Musikwissenschaft)”.
Da ich die Seminare zur Musikpsychologie
alsbald zusammen mit dem dort tätigen und für Musiktherapie
aufgeschlossenen Prof. Dr. J. Jahnke
durchführte, teilten wir uns die Rollen zur Etablierung eines in
Deutschland noch völlig unbekannten Musiktherapiestudiengangs auf.
(Es gab das Pilotprojekt an der Fachhochschule Heidelberg, in dem ich
der vom Ministerium in Stuttgart 1986 beauftragte externe Gutachter
war), m. W. aber keineswegs einen Musiktherapiestudiengang in Hamburg).
Herr Jahnke sorgte für das notwendige Einverständnis von
Seiten der Psychologen, ich aber unternahm außerhalb meiner
Dienstverpflichtung Bewegungsstudien mit Musikstudierenden, die mit
Hilfe der Mitarbeiter der dortigen Mitschauanlagen gefilmt und in
aufwendigen empirischen Studien in quantitativer und qualitativer
Hinsicht sowohl im Sinne von MUSIK-Psychologie als auch von
Musik-PSYCHOLOGIE ausgewertet wurden. Für diese Forschungen
erhielt ich “summa cum laude” und eine Geldprämie.
Mein Buch war für so bedeutungsvoll angesehen worden, dass es die
in Regensburg nach 26 Bänden 2003 wegen Ende des
Bosse-Verlags erschienene Reihe “Perspektiven zur
Musikpädagogik und Musikwissenschaft” eröffnete.
Schweren Herzens sah ich mich gezwungen,
mich besser von Freiburg wegzubewerben und der Bitte, nach Münster
zu kommen, nachzugeben, damit es mir nicht so ergehe wie meinem
Vorgänger, der nach Ablauf seiner Zeit nach sechs Jahren nicht
mehr in den Schuldienst übernommen worden war. Eine Rückkehr
zur Beamtung war mir vom Oberschulamt als sehr unwahrscheinlich
verkündet worden, als ich meine Beamtung auf Lebenszeit durch
meinen Wechsel in die Hochschullaufbahn aufgegeben hatte. Gleich meine
erste Bewerbung war erfolgreich. Doch das in Freiburg so bestens
unterstützte Vorhaben, einen Studiengang Musiktherapie zu
gründen, stieß in Münster besonders unter den dortigen
Musikpädagogen auf heftige Abwehr, die erst überwunden werden
konnte, als sowohl Mitglieder des Psychologischen Instituts wie Prof. Dr. W. Schurian und die Medizinische Fakultät mit Prof. Dr. R. Tölle als auch das Seminar für Musikwissenschaft mit der dortigen Prof. Dr. Maria-Elisabeth Brockhoff,
die auch promovierte Ärztin und einflussreiche Dekanin der
Philosophischen Fakultät war, der Etablierung des
Musiktherapiestudiengangs zugestimmt hatten.
Da ich mit den Lehrveranstaltungen zu
Musiktherapie als Angewandter Musikpsychologie sofort nach meinem Umzug
nach Münster sowohl an der damaligen Pädagogischen Hochschule
und außerdem an der Volkshochschule begonnen hatte und auf
große Resonanz gestoßen war, führte ich nahezu
regelmäßig an Wochenenden in umliegenden
Fortbildungshäusern wie in Nordwalde, auf dem Annaberg in Haltern,
in Coesfeld u.a. weiterlaufende Kurse durch. Von diesen hatte der
Erziehungswissenschaftler Prof. Dr. Holtkemper erfahren. Er lud mich
ein, sie im Rahmen der von ihm im Auftrag des Arbeitsamts organisierten
Umschulungsmaßnahmen anzubieten. Anhand dieses Beispiels
organisierte ich dann eine eigene, beim Arbeitsamt Münster
angemeldete Fortbildung unter dem Namen “Akademie für Musik-
und Tanztherapie”.
Diese
Fortbildungseinrichtung erwies sich als derart erfolgreich, dass ich
darüber auf einem Kongress an der Karls-Universität Prag 1990
referierte. Unter den Zuhörern war der berühmte Prof. Dr. Jaroslav Mihule, Martinu-Biograph und
begnadeter Pianist und damals Vizepräsident der
Karls-Universität Prag. Nach meinem Vortrag war er auf mich
zugekommen und hatte sofort gefragt, ob diese
Fortbildungsveranstaltungen als offizieller Studiengang an der
Karls-Universität Prag etabliert werden können. Daraus wurde
dann ab 1994 das internationale Fernstudium (multimodale)
"Kunsttherapie" mit mir als Zuständigem für Musik- und
Tanztherapie mit dem Austausch der deutschen und tschechischen
Studierenden.
Leider nahmen die von einem Ehepaar
meines Kölner Instituts, beide Lehrkräfte für besondere
Aufgaben, organisierten Sabotagen und Verleumdungen (der Mann ist
inzwischen entlarvt)
derart überhand, dass ich es in Köln, wo ich aus Freude an
den sehr sympathischen Sportstudierenden und an Musik und Tanz weit
über mein Deputat hinaus gelehrt und bei den Studierenden in den
vom Rektorat durchgeführten anonymen Erhebungen zur Qualität
meiner Lehre überragend beurteilt worden war, nicht länger
aus und nahm den schon 1987
veröffentlichten, nun realisierbaren Wunsch der Universität
Münster, das Prager Fernstudium an die Universität
Münster zu holen, gerne an. Als Korrektiv zu dem von mir
gegründeten, aber nicht mehr unter meiner Leitung stehenden, mehr
und mehr an Renommée verlierenden und mangels Interessenten
zunächst 2010, endgültig 2012 eingestellten
Vollzeitstudiengangs Musiktherapie war dieses alternative
berufsbegleitende Weiterbildungsstudium für Musik- und Tanztherapie sehr willkommen und wurde an die Medizinische Fakultät der Universität Münster angebunden.
Nachdem ich aufgrund meiner Emeritierung
keinen Anspruch auf den bei vielen Lehrenden sehr beliebten Spiegelsaal
mehr hatte, nutzten wir die an uns ergangene Einladung, die
Wochenendveranstaltungen in der Heroldstr. 29 durchzuführen.
Dieses Gebäude haben wir schließlich übernommen und so
umgebaut, dass es vom Bauordnungsamt für Lehrveranstaltungen
genehmigt wurde. Zwar sind beträchtliche Mietkosten aufzubringen;
doch ermöglicht es im Gegensatz zu den Räumen in der
Universität, die während der Woche für
Lehrveranstaltungen benötigt werden, eine Nutzung rund um die Uhr,
was sich für das langsam bekannt werdende orginäre Angebot
von Intensivkompaktwochen sehr positiv bemerkbar macht.
Soweit also in Kürze die
wechselhafte Story der Fort- und Weiterbildung und der Akademie
für Musik-, Tanz- und Kunsttherapie unter der Trägerschaft
des am 16.4.1984 gegründeten Verbands.
Weitere Hinweise finden sich auf der Webseite Zur Geschichte der Musiktherapie in Münster
K.
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