Geschichte

Unsere Jubiläumsschrift ist 2019 im Daedalus Verlag erschienen; facettenreich von vier Kunsthistorikerinnen und zwei Autoren geschrieben zu verschiedenen Aspekten der Geschichte der Freien Künstlergemeinschaft Schanze.

Im Buchhandel ist sie erhältlich unter der ISBN-Nummer 978-3-89126-100-2.

Auszüge aus der Jubiläumsschrift „100 Jahre Freie Künstlergemeinschaft Schanze“ von der Kunsthistorikerin Frau Dr. Bärbel Jäger:

„Der Gründungsmythos der Freien Künstlergemeinschaft Schanze ist fester Bestandteil von Katalogen und Chroniken vergangener Jubiläumsausstellungen. Er beruht auf der überlieferten Initiative des Münsteraners Bernhard Peppinghege, der als Kriegsheimkehrer per Inserat in der lokalen Presse Gleichgesinnte aller künslterischen Disziplinen auffordert „in jener Zeit schwersten seelischen und materiellen Zusammenbruchs… künstlerisch-schöpferisches Neuland“ zu betreten….“ (S. 27)

„Die engagiert-idealistischen Vorstellungen der Gründer zeigen sich auch darin, dass verschiedene kulturrelevante Metiers unter dem „´Schanzedach´
versammelt sein sollen, einem lebendigen Austausch unter allen schöpferisch Tätigen förderlich… (S. 27)

„..hat sich die Vereinigung vorsorglich schon 1967 entschieden, einen Förderpreis zu stiften. Auf den eigenen Weg rückblickend, vorbildlich Peppingheges Maxime „Es muss was für die Kunst getan werden belebend, sollen junge Kunstschaffende der Öffentlichkeit vorgestellt und ein Geldpreis verliehen werden. Ausschlaggebend ist allein Qualität, weder Ausbildung noch Kunstgattung.“ (S.45)

„Ab Frühsommer 1976 stellen Künstler/innen der Schanze im Foyer der Städtischen Bühnen aus. Die sogenannte ` Schanzenwand´ steht Malern und Grafikern zur Verfügung, Plastiker wie Kunsthandwerker zeigen ihre Arbeiten im Raum, sodass wieder verschiedene Techniken am Ausstellungsort repräsentiert sind.“ (S. 46)

„Bis in die zweite Hälfte der 1990er Jahre bleibt die ´ Schanzenwand´ im Großen Haus der verlässliche Präsentationsort für alle aktiven Mitglieder. Hinzu kommen Landes- sowie Stadtmuseum mit ausgewählten Sonderschauen.“ (S.47)

„In der Rückschau entsteht das ´ Bild´ einer Künstlerschaft, die es trotz widrigen gesellschaftspolitischen Zeitenwandels verstanden hat, die Substanz des ursprünglichen Aufbruchs zu bewahren; einer „jungen (hier explizit ´ freien´ , d.V.) Kunst zum Durchbruch zu verhelfen.““ (S. 48)

„Daher gilt auch nach hundert Jahren „Freie Künstlergemeinschaft Schanze“ in Abwandlung der aufmunternden Losung Friedrich Liels zuzustimmen: Bitte ´ schanzt´ weiter!“ (S.49)


Und hier weiteres Geschichtliches zu unserem hundertjährigen Jubiläum 2019:

“Wir schanzen weiter“

– DIE FREIE KÜNSTLERGEMEINSCHAFT SCHANZE E.V. WIRD 100 JAHRE

 Endlich ist es soweit, Ende dieses Jahres wird die 1919 gegründete “Freie

Künstlergemeinschaft SCHANZE e.V.“ ihren hundertsten Geburtstag feiern, somit

zeitgleich mit dem „städtischen Symphonieorchester“, der „Westfälischen Schule für

Musik“ und der „Musikhochschule“. In ihrer 100-jährigen Geschichte hat die Schanze

immer wieder befruchtende Impulse für die Kultur in Münster gesetzt, darum zeigen wir

einen Überblick über 100 Jahre SCHANZE. Also: Augen auf für die Ausstellungen und

Veranstaltungen, welche die SCHANZE in diesem Jahre initiiert, darunter eine

Ausstellung in den Schaufenstern am Prinzipalmarkt sowie eine Darstellung der Schanze

bis zum Ende des zweiten Weltkrieges im Stadtmuseum Münster.

Die SCHANZE – 1919 als erste noch bestehende Künstlervereinigung in Münster

gegründet – ist als öffentliche, von Bürgern getragene Institution der Kunstförderung in

Münster verpflichtet. Sie ist eine der ältesten noch bestehenden Vereinigungen

Kunstschaffender in Deutschland, wie der “Malkasten“ von 1848 in Düsseldorf oder der

„Deutsche Künstlerbund“ von 1903 . Zur Zeit hat die SCHANZE 30 Aktive aus den

Bereichen Malerei, Bildhauerei, Architektur und angewandte Kunst ; über die Jahre waren

über 200 Künstler in der SCHANZE tätig.

Der unabhängige, private Verein versteht sich als Plattform für Kunstschaffende und

Kunstinteressierte sowie als Sprachrohr seiner Mitglieder in kulturpolitischen Anliegen. In

der Regel finden jährlich 4 bis 10 Ausstellungen in Münster und im Umland statt. Neben

regelmäßigen öffentlichen Treffen im “Pablo“ gesellt sich die im Jahr 2010 von dem

Schanzer Prof. Speckmann und der WWU initiierte Vorlesungsreihe „Last Exit Kunst“ zu

ihren Aktivitäten.

Die SCHANZE verfolgt eine offene, freie Ausstellungsprogrammatik, deren thematische

Schwerpunkte sich durch die Interessen der Mitglieder bilden, u.a. mit dem Ziel, die

Freiheit der Kunst zu sichern, verschiedenen Strömungen der Kunst ein Forum zu geben

und junge Künstler zu fördern.

Die SCHANZE ist offen für alle bildenden Künstlerinnen und Künstler mit einem

eigenständigen künstlerischen Werk. Der Geschäftsführer der SCHANZE wird Kanzler

oder Kanzlerin genannt und für drei Jahre gewählt, die derzeitige Kanzlerin ist Miriam .

Als eingetragener Verein beteiligt sich die SCHANZE aktiv am künstlerischen Leben der

Stadt und der Region und am internationalen kulturellen Austausch. Dabei sind die Ideen

der Mitglieder Leitbild für die verschiedenen Projekte. Die SCHANZE kooperiert dabei

mit den unterschiedlichsten Förderen. Regelmäßige Treffen, Diskussionsveranstaltungen

und Vorträge dienen der Vernetzung von Künstlern und Öffentlichkeit, ebenso unsere

Homepage und die Internetseite „kunstwissen.de“.

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Nach dem Ende des ersten Weltkrieges sahen Bürger den Bedarf eines kulturellen

Neuanfangs. In diesem Sinne ist auch die Gründung der Schanze zu sehen; im kulturellen

Feld in Münster gab es schon eine Vereinigung der Kunstliebhaber im “Westfälischen

Kunstverein“ und das “Westfälische Landesmuseum“, nun wurde mit der “SCHANZE“

eine Vereinigung der Künstler gegründet.

Der Angelmodder Maler Bernhard

Peppinghege (1893–1966) veröffentlichte in der Zeitung eine Anzeige, in der er zu einem

Treffen zur Gründung einer Künstlervereinigung aufrief. Die Gründungsversammlung soll

im Jahr 1919 im „Lortzingsaal“ des Café Grotemeyer (Salzstraße 24) stattgefunden haben.

Anwesend waren neben den Malern Bernhard Peppinghege und Bernhard Bröker (1883–1969) Ernst Hermanns (senior), Friedrich Liel sowie die Bildhauer Albert Mazzotti

(senior) und Aloys Röhr (1887–1953). Im ersten Jahr aufgenommen wurden zudem u.a.

die Schriftsteller Hans Roselieb (1884–1945), Peter Althaus (1892–1965), Adolf Thiele

und Hans-Ludwig Öser, der Musiker und Maler Fassbaender, der Tanzlehrer Wessing

sowie der Theaterdirektor Krüger.

Weitere Künstler und Förderer schlossen sich an, und die Gruppe entfaltete in den 1920er

und 1930er Jahren eine rege Ausstellungstätigkeit. Aber nicht nur ihr künstlerisches,

sondern auch ihr gesellschaftliches Engagement fand die Aufmerksamkeit der

münsterischen Öffentlichkeit, vor allem ihre phantasievollen, einem breiten Publikum

offenen Karnevalsfeste. Jedes Jahr wurde ein großer Kostümball abgehalten, der zu den

Höhepunkten der Saison zählte.

Von Anfang an schmückten aufwendige und phantasievolle Dekorationen die jeweiligen

Festräume. Auch die Plakate, Einladungen und Eintrittskarten wurden von den Künstlern

humorvoll gestaltet.

Das Fest hatte jedes Jahr ein Motto. Manchmal war es ein Spiel mit Wörtern, die

Malutensilien bezeichnen, wie z. B. „Circus Chromgelb“. Manchmal war es aber auch

geheimnisvoll, wie z. B. „Tabu Maski“ oder „Sey Pu Puh“. Das Rätsel wurde dann erst in

der Ballnacht gelöst über die Dekorationen, den Aufzug der Künstler und den eigens für

jedes Fest getexteten und komponierten Schlager. Während des Zweiten Weltkriegs und in

den ersten Jahren der Nachkriegszeit fanden keine Feste der SCHANZE statt. Erst seit

1948 lud die Künstlergemeinschaft wieder zum Karnevalsball ein und knüpfte damit an die

Vorkriegstradition an.

Bis Ende der sechziger Jahre hatte die Schanze einen professionellen

Geschäftsführer und Räumlichkeiten, zuerst an der Josephskirche, dann im

Bahnhof zusammen mit dem Wolfgang – Borchert – Theater. Bis in die 40er Jahre

gab es eine jährliche Ausstellung im Landesmuseum. Der in die USA emigrierte

Bauhauskünstler Josef Albers aus Bottrop wurde 1959 zusammen mit „Mutter

Clasing“ Ehrenmitglied der SCHANZE. Die SCHANZE kann zudem als Vorbild für

die Gründung der Künstlergruppe „Junger Westen“ (1948-1962) in

Recklinghausen gelten, deren Mitbegründer der Maler Emil Schumacher auch

Mitglied der SCHANZE war. Auch Ernst Hermanns jr., der international bekannte

Stahlbildhauer, war kurzzeitig Mitglied der SCHANZE und hat mit ihr ausgestellt.

Nachdem das Land NRW die finanzielle Förderung der SCHANZE radikal

herunterfuhr, mussten der feste Ausstellungsort und der Geschäftsführer

aufgegeben werden, und es begann eine wechselvolle Zeit.

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1982 wurde Klaus Ebert zum Kanzler (Vorsitzenden) der Vereinigung gewählt und

hatte dieses Amt insgesamt 15 Jahre inne (1982–1988 und 1992–2000). In seine

Kanzlerschaft fielen intensive Kontakte zur niederländischen Kunstszene, vor

allem nach Enschede. Von 2000 bis 2003 war der Musiker und Künstler Willi

Landsknecht Kanzler.

Unter seiner Ägide wurde die SCHANZE Teil des Deutsch-

Russischen Dialogs. Die SCHANZE stellte in St. Petersburg aus und lud russische

Künstler nach Münster ein. Von 2003 bis 2015 war der Beuysschüler Klaus

Tesching Kanzler der SCHANZE. In seine Zeit fiel der Austausch mit der

Partnerstadt von Münster, die englische Stadt York und er realisierte die erste

dortige Beuysausstellung. 2009 erwarb das Stadtmuseum aus dem Nachlass des

Malers und Grafikers Hans Kraft (1895-1978) eine Reihe von Plakaten und

Plakatentwürfen für Karnevalsfeste der SCHANZE. Mit der Partnerschaft zur

Galerie König, Münster gelang es, eine 400 qm große beständige

Ausstellungsgalerie für die SCHANZE zu sichern. 2017 kam das Photobuch

“Kunstszene Münster “ von Ulrich Karst und der SCHANZERIN Ilse Wecker

heraus, dass ein “Who is who“ der Kulturschaffenden in Münster darstellt.

Der Begriff „Schanze“ wird auch heute noch in der münsterschen Innenstadt als

Ortsbezeichnung verwendet und geht auf die mittelalterliche Stadtbefestigung zurück. Die

Gründergruppe benutzte den Begriff ‚‚SCHANZE“, der eine Art “Schutzwall“ bezeichnet,

um zu demonstrieren, dass sich die örtlichen Künstler gegen die zu erwartenden Angriffe

auf neue Darstellungsweisen wappnen wollten. – So war eine Motivation des

Zusammenschlusses also auch das gemeinsame Vorgehen gegen die Bevormundung durch

den Staat, mit dem Ziel, die Freiheit der Kunst zu sichern und den verschiedenen

Strömungen der Kunst ein Forum zu geben.

Die bekanntesten Mitglieder bzw. Mitaussteller der “SCHANZE“ sind unter anderem

Bernhard Bröker, Carl Busch, Ernst Hase, Hanns-Hubertus Graf von Merveldt, Josef

Wedewer, Josef Albers, Emil Schumacher , Ernst Hermanns jr. und das münstersche

Unikat Axel Schulß.

Das Motto „Wir schanzen weiter“ will nach innen und nach außen die Botschaft

transportieren, dass der Jubilar noch gut dabei ist. Die Schanze lädt Sie ganz herzlich zu

allen Veranstaltungen ein.

KT

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SCHANZE e.V. – Mitglied/ ehemaliger Kanzler

Klaus Tesching | Marsweg 20 | 48163 Münster

tel: 02501- 58425

klaus@tesching.info