18. November 2001
Antifaschistische Gedenkveranstaltung am
"Volkstrauertag" setzte Zeichen gegen Krieg und Faschismus
Zum mittlerweile dritten Mal luden Antifaschistinnen und
Antifaschisten am Volkstrauertag zu einer Mahn- und
Gedenkveranstaltung in Münster ein. Mit dieser
"alternativen" Veranstaltung versucht die Vereinigung der
Verfolgten des Naziregimes / Bund der Antifaschistinnen und
Antifaschisten Münster (VVN/BdA), Menschen und Gruppen in den
Mittelpunkt zu rücken, die gerade auch am Volkstrauertag von vielen
vergessen werden.
Am Sonntagmorgen war der Vorsitzende der "Bundesvereinigung
Opfer der Militärjustiz" Ludwig Baumann in Münster am Zwinger
zu Gast. Ludwig Baumann wurde während des Nationalsozialismus in
die Wehrmacht eingezogen und im vom faschistischen Deutschland
besetzten Frankreich eingesetzt. Zusammen mit einem Freund
desertierte Baumann am 3. Juni 1942 aus der Wehrmacht. Schon einen
Tag später nahmen Grenzsoldaten Ludwig Baumann gefangen. Die
NS-Justiz verurteilte ihn zum Tode. Baumann erinnerte in seiner
Ansprache an seine Inhaftierung in einer Todeszelle: "Bei jedem
Wachwechsel zuckte ich zusammen und dachte, jetzt holen sie
mich". Mit diesen Erfahrungen, mit der Erfahrung, im
Konzentrationslager erniedrigt und zu menschenvernichtender Arbeit
gezwungen worden zu sein, muss der mittlerweile 79-jährige Ludwig
Baumann täglich leben.
Und noch immer wird Baumann von vielen als
"Vaterlandsverräter" und als "Feigling"
beschimpft. Noch heute kämpft er um die vollständige
Rehabilitation von Deserteuren. Für sein Engagement wurde er 1995
mit dem "Aachener Friedenspreis" ausgezeichnet. Baumann
nahm in seiner Ansprache auch Stellung zu dem aktuellen Krieg in
Afghanistan. "Ich habe selber erlebt, wie Millionen Menschen in
den Krieg geschickt wurden und dort ihr Leben verloren, wie sie
benutzt wurden für die verbrecherischen Ziele der Wehrmacht. Aus
dieser Erfahrung kann ich nur fordern: Nie wieder! - Nie wieder
Krieg und Faschismus!"
Auch Alexandra Hippchen, Pfarrerin in der ESG, wandte sich in
ihrer sehr engagierten Rede gegen den sog. "Krieg gegen den
Terror" in Afghanistan. An der Kriegsbeteiligung der
Bundesrepublik werde die neue "Normalität" deutscher
Politik deutlich, so Hippchen. Die VVN/BdA passt sich mit dieser
Veranstaltung nicht an eine vermeintliche neue
"Normalität" in der Bundesrepublik an, in der Auschwitz
und die Lehren daraus "entsorgt" werden. Normalität
bedeutet mittlerweile wieder, weltweit auch als militärischer
Akteur zu agieren. Diese "Normalität" wird auch beim
offiziellen Gedenken am Volkstrauertag deutlich, bei dem es darum
geht, in Erinnerung an die alten "Helden", die
Bundesrepublik auf neue "Helden", die "tapfer und
treu" ihr Leben verlieren, einzustellen und vorzubereiten. Die
Gedenkveranstaltung endete mit einer Kranzniederlegung und dem
gemeinsamen Singen des "Liedes der Moorsoldaten", das auch
heute noch ein Symbol für den Kampf von vielen Frauen und Männern
gegen Krieg und Faschismus darstellt.
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