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Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes
Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten

Kreisvereinigung Münster

 

„Damit Gestern nicht zu Morgen wird” 

Gegen Antisemitismus, Rassismus und Nationalismus – für eine solidarische Unterstützung israelischer und palästinensischer Friedenskräfte! 

- Diskussionsbeitrag - 

Die aktuelle kriegerische Auseinandersetzung in Israel/Palästina führt in der bundesrepublikanischen Öffentlichkeit und ihrem Subsystem der politischen Linken zu immer heftigeren Kontroversen. Angesichts alltäglicher Terrorakte radikal-nationalistischer und islamistischer Organisationen wie der Hamas auf der einen und einer israelischen Regierung auf der anderen Seite, die aktuell scheinbar nur noch der Logik des Militärischen folgt, wird eine eigene Standortbestimmung immer schwieriger. Trotzdem dürfen wir angesichts der unzähligen Opfer auf israelischer und palästinensischer Seite, der alltäglichen Angst vor Terroranschlägen und Militärinterventionen nicht schweigen. Eine Parteinahme ist in diesem Zusammenhang nur für all die Menschen möglich, die sich in diesem Konflikt um friedliche Lösungen bemühen. 

Die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes / Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten wurde von Überlebenden des Holocaust und von Widerstandskämpfern gegen den Hitlerfaschismus gegründet, aus dieser Perspektive heraus wollen wir, Angehörige der jüngeren Generation in der VVN/BdA, einige grundsätzliche Standpunkte und Thesen in dieser Diskussion formulieren. Unsere Standpunkte sind als Diskussionsbeitrag zu werten, beinhalten aber gleichzeitig eine deutliche Abgrenzung zu nationalistischen, rassistischen und antisemitischen Positionen auch innerhalb der Linken. 

Wir Antifaschistinnen und Antifaschisten in der VVN/BdA Münster erklären deutlich: Eine Zusammenarbeit mit Initiativen, Bündnissen und Parteien, in denen antisemitische und nationalistische Töne zu vernehmen sind, schließen wir aus. 

Hamas, islamischer Djihad und Fatah: Keine emanzipatorische Bewegung, sondern völkisch-nationalistischer Befreiungskampf 

Fast täglich erreichen uns Nachrichten, die von immer neuen Anschlägen und Selbstmordattentaten gegen die jüdische Bevölkerung Israels berichten. Der bewaffnete Kampf gegen Israel und die Juden von Seiten der Fatah und weiteren palästinensischen Organisationen kann mittlerweile als Kern der palästinensischen Nationalmythologie und der nationalen Identität bezeichnet werden. Dieser Kampf wird zudem religiös und antisemitisch aufgeheizt. In einer vom palästinensischen Fernsehen übertragenen Predigt aus eine Moschee im Gaza-Streifen hieß es im Jahr 2000 u.a.: „Habt kein Mitleid mit den Juden, egal, wo ihr seid, in welchem Land auch immer. Bekämpft sie, wo immer ihr seid. Wo immer ihr sie trefft, tötet sie.“ Auf pro-palästinensischen Demonstrationen sind in den letzten Wochen Parolen wie: „Tod allen Juden“; „Israel raus“ oder „Juden und Christen – raus aus Palästina“ zu vernehmen. Untermalt werden diese Parolen mit Karikaturen, auf denen die typischen antisemitischen Stereotypen abgebildet werden. Diese Karikaturen sind teilweise identisch mit Abbildungen, die die deutschen Faschisten im Nationalsozialismus als „Anleitung zum Erkennen von Untermenschen“ gebrauchten. 

Die dominierenden palästinensischen Kräfte stellen schon lange keine linke, emanzipatorische Bewegung mehr dar. Islamistische Organisationen wie die Hamas und der Hisbollah gewinnen an Einfluss, Kinder werden zu lebenden Bomben instrumentalisiert. Der Kampf maßgeblicher palästinensischer Kräfte richtet sich längst nicht nur noch für einen Abzug israelischer Militärs aus den 2 Autonomiegebieten, sondern gegen Israel selbst und gar gegen alle Juden. Die Selbstmordattentate auf Zivilisten lassen keinen anderen Schluss zu. 

Dieser Kampf wird jedoch von Teilen der Münsteraner Linken als berechtigt eingeordnet; mehr noch, für das “Aktionsbündnis gegen den Krieg” stellt der „Widerstand der Palästinenser gegen die Willkür, den Terror und die Zerstörung durch die israelische Armee“ eine Ermutigung für die deutsche Solidaritätsbewegung dar. Hier werden palästinensische Terroristen zu „Symbolen des ungebrochenen Widerstandswillens der Menschen Palästinas“. Die Selbstmordattentate werden zu Verzweiflungstaten definiert und somit nicht nur beschönigt, sondern gerechtfertigt. Das Aktionsbündnis distanziert sich erst sehr spät von der Hamas; Gewalt und Aggression werden allerdings akzeptiert, so dass die Abgrenzung zu nationalistischen und gewalttätigen Gruppen völlig unzureichend bleibt. 

Die völkische, antisemitische und nationalistische Ausrichtung des palästinensischen Kampfes wird von vielen (linken) Kräften nicht verleugnet, sondern im Gegenteil noch unterstützt. Beispielsweise beteiligte sich in Münster das “Aktionsbündnis gegen Krieg” am 20. April 2002 an einer pro-palästinensischen Demonstration auf der u.a. oben genannte Parolen und Karikaturen mitgeführt wurden. Der 20. April wird seit vielen Jahren von Neonazis dazu genutzt, an den Geburtstag Hitlers zu erinnern; in vielen Städten engagierten sich antifaschistische Gruppen gegen Aktionen von Neonazis. Die Wahl des Datums der pro-palästinensischen Demonstration in Münster ist in diesem Zusammenhang als sehr unglücklich anzusehen, und wird durch die antisemitischen Ausfälle zu einem Skandal! In diesem Jahr ist es besonders in den neuen Bundesländern zu Bündnisaktionen von palästinensischen Gruppen und der NPD gekommen, in Greifswald marschierten beide Gruppen am 19. April unter dem Motto “Solidarität mit Palästina”.

Vielen pro-palästinensischen DemonstrantInnen (von links und rechts) geht es nur noch um das Unrecht der Vertreibung, um Selbstbestimmung des Volkes oder um das Recht auf Heimat. Die VVN/BdA demonstriert seit vielen Jahren in Münster gegen völkische Parolen der Vertriebenenverbände; an dieser Stelle sagen wir deshalb deutlich: Nein zu jeglichen Formen von völkischer und nationalistischer Politik! 

Mit Sharon ist kein Frieden zu machen 

Mit der Wahl von Ariel Sharon am 06. Februar 2001 zum neuen israelischen Ministerpräsidenten wurde ein Prozess eingeschlagen, der sich zweifelsohne nicht in Richtung Frieden bewegt. Mit einem Vorsprung von über 25 Prozent gegenüber Ehud Barak (bei einer Wahlenthaltung von über 40 Prozent) wurden diejenigen Kräfte in Israel gestärkt, die sich von Sharon mehr Sicherheit und Ruhe erhofften. Letztlich wurden auch in Israel nationalistische, fundamental-religiöse und rechtsextreme Kräfte gestärkt. Der ehemalige General Ariel Sharon folgt in seiner Politik vor allem der Logik des Militärischen. Mit bedingungslosem militärischen Eingreifen wird jede palästinensische Gewalttat beantwortet. 

Auch in diesem Konflikt gilt die These, dass Gewalt nie mit Gewalt gelöst werden kann und das Gewalt immer neue Gewalt hervorruft. 

Die Positionen sowohl von Sharon als auch von Arafat scheinen nicht mehr miteinander in Einklang zu bringen sein. Ein Dialog zwischen diesen Politikern scheint aussichtslos. Trotzdem bleibt der einzig gangbare Weg zu Frieden und respektvollem Umgang miteinander der Weg des Dialoges, unterstützt von neutralen Moderatoren. Eine bedingungslose Anerkennung des Staates Israel durch die arabischen Staaten und durch die palästinensische Autonomiebehörde könnte einen entscheidenden Impuls geben. Gleichzeitig ist von der israelischen Regierung eine Akzeptanz der Palästinenser als gleichberechtigte Gesprächspartner zu fordern. 

Leider wird aktuell aber jedes kleine Pflänzchen des Dialoges durch Hamas-Bomben auf der einen und durch israelische Militärinterventionen auf der anderen Seite zertreten. Sowohl Israel als auch die palästinensische Autonomiebehörde müssen zu einem Dialog zurückfinden. 

Antisemitismus nicht nur in der FDP 

In der jüngsten Debatte über den Konflikt im Nahen Osten waren und sind immer wieder antisemitische Standpunkte zu vernehmen. Nicht nur in der FDP, sondern auch in Teilen der bundesrepublikanischen Linken. Antisemitismus ist neben religiösen und völkisch- nationalistischen Sichtweisen als ein einigendes Moment in der ideologischen Untermauerung der Al-Aksa-Intifada zu bezeichnen. Hier wird von jüdischer “Weltverschwörung” gesprochen sowie von religiös und rassisch hergeleiteten “Beweisen”, warum die Juden das Prinzip des “Bösen” verkörpern. Aber auch vor der Leugnung des Holocaust und geradezu zwanghaften Vergleichen zwischen der Politik Israels und den Verbrechen der Nazis wird nicht 3 Halt gemacht. Im Gegenteil, von palästinensischen Politikern ist zu hören: „Der Holocaust wurde übertrieben, um die Juden als Opfer eines großen Verbrechens darzustellen, ihren Anspruch auf eine Heimat in Palästina zu rechtfertigen“. In offiziellen Schulbüchern ist zu lesen: „der jüdische Anspruch auf Palästina ist die größte Lüge, die die Menschheit kennt“. Und weiter heißt es: „Vielleicht hat Allah die Juden in unser Land gebracht, um sie auszulöschen“. 

Wenn in der Bundesrepublik der FDP-Politiker Möllemann den ehemaligen Grünen Jamal Karsli zwischenzeitlich in seine Landtagsfraktion aufnimmt, so unterstützt Möllemann im Prinzip ebenfalls eine Gleichsetzung von Nationalsozialismus und Israelischer Politik, hat doch Karsli u.a. von Nazi-Methoden bei der israelischen Armee, und von „Konzentration tausender gefangener Palästinenser in großen Lagern“ gesprochen. Möllemann möchte endlich einmal feststellen dürfen, dass Israel Täter und nicht immer Opfer sei. Dies ist eine gewollte Entlastung von deutscher Geschichte unter dem Deckmantel von Kritik an Israel. Mit seinem Vorwurf, der jüdische Repräsentant Michel Friedman und die Politik Sharons seinen selbst für den Antisemitismus verantwortlich, hat sich Möllemann deutlich in einen ideologischen Zusammenhang mit Antisemiten in der ganzen Welt gestellt. 

Antisemitismus lässt sich in der Bundesrepublik aber nicht auf Teile der FDP reduzieren, auch die neofaschistischen Parteien fühlen sich geradezu gestärkt durch die Aussagen von Möllemann, „endlich spricht einer mal aus, was wir schon lange denken“. 

Diese Entsorgung deutscher Verantwortung wird aber auch von (linker) Seite unterstützt. Wiederum ist für Münster hier das “Aktionsbündnis gegen den Krieg” zu nennen. Dieses Bündnis bezeichnet offen Sharon als einen Faschisten, wirft Israel indirekt faschistische Politik vor und spricht in einer Rhetorik (die palästinensische Jugend sei nicht bereit „sich wie Lämmer zur Opferbank zionistischer Vorherrschaftsansprüche“ tragen zu lassen) die fatal an Weltverschwörungsideologien von ganz rechts erinnern. Zu guter Letzt wird dann auch noch der bereits erwähnte Jamal Karsli von palästinensischen Organisationen nach Münster eingeladen, und dies mit freundliche Werbung und Unterstützung des Aktionsbündnisses. 

Die Geschichte Israels ist ohne die Geschichte des Antisemitismus und der Shoah nicht zu verstehen. Mit deutschen Händen wurden Millionen Jüdinnen und Juden systematisch umgebracht. Antisemitismus ist hier und heute bittere Realität. Es ist unerträglich wie selbstverständlich deutsche Politiker und Teile der Anti-Israel-DemonstrantInnen die israelische Politik mit dem Hitlerfaschismus gleichsetzen. Wir Antifaschistinnen und Antifaschisten wenden uns genauso gegen einen in jüngster Zeit diskutierten deutschen Militäreinsatz in Israel. Was es heißt, wenn deutsche Herrenmenschen in Uniform in Jerusalem auf Juden und Palästinenser schießen, mag sich jeder selbst ausmalen. 

Mit der Gleichsetzung des deutschen Faschismus und der aktuellen israelischen Politik führen sogar Teile der außerparlamentarischen Linken das Verhindern eines neuen Auschwitz im Munde um ihr Eintreten für Palästina zu untermauern und folgen somit der Kriegslogik der Herren Scharping und Fischer, die mit selbigem Argument schon die deutsche Militärintervention in Jugoslawien begründeten. Wer die israelisch-palästinensische Tragödie für eine Entsorgung deutscher Geschichte missbraucht, dem geht es nicht um einen Beitrag zur Lösung des Konfliktes, sondern um Eskalation und die Entlastung Deutschlands. 

Was tun? 

Es gilt zu aller erst, noch Schlimmeres zu verhindern. Antisemitische, völkische und nationalistische Tendenzen sind als Schlimmeres zu bezeichnen und müssen entschieden zurückgedrängt werden. Keine Zusammenarbeit mit Kräften, die hier keine deutliche Trennung ziehen. In Palästina und Israel müssen diejenigen Kräfte unterstützt werden, die eine Lösung des Konfliktes ohne Gewalt, Nationalismus und Antisemitismus anstreben. 

Die Selbstmordattentate müssen sofort ein Ende finden! 

Schluss mit den militärischen Interventionen der israelischen Armee!