VEREINIGUNG DER VERFOLGTEN DES
NAZIREGIMES/
BUND DER ANTIFASCHISTINNEN UND ANTIFASCHISTEN
KREISVEREINIGUNG MÜNSTER
Frau Cornelie Sonntag-Wolgast
Mitglied im Deutschen Bundestag
Platz der Republik
11011 Berlin
Sehr geehrte Frau Sonntag-Wolgast,
am Sonntag, den 21. September, sind
Sie vom "Bund der Vertriebenen (BdV) Kreisverband
Münster“ nach Münster zur hiesigen Feierstunde
anlässlich des sogenannten "Tag der Heimat"
eingeladen worden.
Mit diesem Offenen Brief möchten wir
Antifaschistinnen und Antifaschisten in der VVN/BdA Sie
über unsere sehr kritische Einstellung gegenüber dieser
Veranstaltung im Allgemeinen und der Organisation des BdV in
Münster im Besonderen informieren. Wir sind der Auffassung,
daß dieser Brief bei Ihnen noch einmal zu einer
Überprüfung ihrer Zusage an den BdV Münster führen
sollte. Aber nun zu unserer zusammengefassten Kritik.
Der Bund der Vertriebenen in Münster
ist in den letzten Jahren immer wieder durch eine
Zusammenarbeit bzw. einen unkritischen Umgang mit
Rechtsextremen und einer revanchistischen Politik
aufgefallen. Einige Beispiele wollen wir hier nennen:
Anläßlich des "Tags der
Heimat" lud der BdV Münster in 2000 den "rechten
Stichwortgeber" Klaus Rainer Röhl ein. Röhl tritt
für rechtsextreme "Kaderschmieden" auf, schreibt
für die "Junge Freiheit" und beleidigte in einem
Artikel für das "Ostpreußenblatt" indirekt die
Millionen ermordeter Jüdinnen und Juden und wärmt in
Zeitungsbeiträgen rassistische Stereotypen gegen Sinti und
Roma auf. Die VVN/BdA forderte den Münsteraner
Oberbürgermeister Dr. Berthold Tillmann in einem Offenen
Brief auf, den Auftritt von Röhl zu verhindern. Auf Grund
des umfangreichen Recherchematerials der VVN/BdA ließ sich
ein Auftritt von Röhl in der Öffentlichkeit nicht mehr
vertreten, so dass der BdV den Publizisten unter Druck des
Oberbürgermeisters zurückzog.
In einem Bericht der "münster-taz"
vom 10. August 2000 wird die Vorsitzende des lokalen BdV,
Frau Roswitha Möller, wie folgt zitiert: "Wenn Hitler
1939 sagte, ab 5:45 Uhr wird zurückgeschossen, warum? Weil
die Polen im Widerspruch zum Versailler Vertrag mehr und
mehr das Korridorgebiet annektierten und die dortigen
Deutschen vertrieben." Wir müssen Ihnen sicherlich
nicht erklären, dass diese Aussage ihren Beitrag dazu
leistet, die deutsche Kriegsschuld zu leugnen und so
indirekt die Millionen Toten des verbrecherischen Feldzuges
der Wehrmacht selbst zu Tätern macht.
Dies war nicht der erste Ausfall
dieser Art von Frau Möller. Frau Möller hat sich auch in
besonderer Weise im Zusammenhang mit der so genannten
"Wehrmachtsausstellung" (1998) in Münster
hervorgetan. Frau Möller engagierte sich auf lokaler Ebene
gegen diese Ausstellung und veröffentlichte in der
"Deutschen Umschau" (Organ des BdV NRW) eine
Todesanzeige für Ihren Großvater unter der Überschrift:
"Unsere Väter waren keine Verbrecher". Wenig
später marschierte die NPD unter selbem Motto durch
Münsters Innenstadt.
Auch ist Frau Möller nicht
zimperlich, was die Auswahl ihrer Bündnispartner betrifft.
Wir zitieren noch einmal die "münster-taz":
"So kommt es dann, daß ihr eigener Name (Roswitha
Möller) 1997 auf einem Demonstrationsaufruf einer
"Interessengemeinschaft für die Wiedervereinigung
Gesamtdeutschlands" neben den von Mitgliedern der NPD,
der "Deutschen Liga für Volk und Heimat" und der
Republikaner auftaucht."
Dies sind einige Beispiele der
Aktivitäten des hiesigen BdV. Auch beziehen wir unsere
kritische Haltung zum "Tag der Heimat" auf die
bundesweiten Aktivitäten der so genannten
Heimatvertriebenen.
Aktuell ist hier das Projekt
"Zentrum gegen Vertreibungen" zu nennen. Folgt man
der Satzung des "Zentrums" geht es in erster Linie
um die Vertreibung der Deutschen nach 1945. Die Perspektive
des BdV ist hier "Vertreibung ist Unrecht". Der
BdV will andere Vertreibungen mit einbeziehen. Aber in der
Auseinandersetzung mit anderen Vertreibungen vergisst der
BdV die brutalste Vertreibung des 20. Jahrhundert: den
Holocaust. Und hier waren bekanntlich Deutsche die Täter.
Es ist einfach ein Skandal! Für den BdV findet diese mit
nichts zu vergleichende Vernichtung von Millionen Jüdinnen
und Juden, Sinti und Roma nicht statt. Das Projekt blendet
somit aus, dass die Vertreibung der Deutschen eine
Vorgeschichte hat.
Sehr geehrte Frau Sonntag-Wolgast, wir
möchten Sie bitten, unsere Bedenken genau zu überprüfen!
Als Innenpolikerin und ehemalige Innen-Staatssekretärin
haben Sie sich immer wieder mit Rechtsextremismus
beschäftigt. Rechtsextremismus fängt aber nicht erst bei
Skinhaeds und der NPD an, sondern in der Mitte der
Gesellschaft.
Wir würden uns über eine Antwort von
Ihnen sehr freuen!
Für die VVN/BdA Münster
Stefan Proske
|