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Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes
Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten

Kreisvereinigung Münster

 

8. Mai 2001

Otto Wiesner8. Mai 1945 - 8. Mai 2001 Befreiung von Krieg und Faschismus

Gedenkveranstaltung

Mit einer Kranzniederlegung am Zwinger erinnerten die "Rosa Geschichten", das Schwul-Lesbische Netzwerk Münster und die VVN/BdA Münster am 8. Mai an den 56. Jahrestag der Befreiung von Krieg und Faschismus.

Otto Wiesner (Bild), erinnerte als Zeitzeuge und ehemaliger Häftling der KZ Sachsenhausen und Mauthausen an seine persönlichen Erlebnisse am Tag der Befreiung.

zur Biographie von Otto

"Ohne Solidarität hätte ich nicht überleben können" 

Bericht vom Zeitzeugengespräch in der ESG am 8. Mai 2001

von Stefan Proske

Anläßlich des 56. Jahrestages der Befreiung von Krieg und Faschismus veranstaltete die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes / Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten (VVN/BdA) in Kooperation mit der Evangelischen Studierenden Gemeinde (ESG) ein Zeitzeugengespräch mit dem Widerstandskämpfer und KZ-Überlebenden Otto Wiesner.

Der mittlerweile 90jährige Wiesner berichtete sehr eindrucksvoll von seinem Leben in den nationalsozialistischen Konzentrationslagern Sachsenhausen und Mauthausen. 1934 wurde Wiesner als Mitglied im kommunistischen Jugendverband wegen "Hochverrat" zu sieben Jahren Zuchthaus verurteilt. Doch am letzten Tag der Zuchthausstrafe wurde Otto Wiesner nicht entlassen, sondern "am 06. Dezember als Nikolausgeschenk mit 24 anderen Leidensgenossen ins Lager Sachsenhausen hineingeprügelt".

Otto Wiesner (links) und Moderator Christoph Leclaire (VVN/BdA Münster)Im Konzentrationslager Sachsenhausen wurde Otto Wiesner in der Schreibstube eingesetzt. Zudem unterstützte er die illegale Lagerorganisation, in der sich politische Häftlinge (vor allem Sozialdemokraten und Kommunisten) organisierten. "Ohne die Solidarität der Lagergemeinschaft hätte ich nicht überlebt", so Wiesner, der zudem aus der Schreibstube die Verteilung der Essenrationen an die Häftlinge mitorganisierte. "Wir haben hier versucht, Essensrationen so zu verteilen, daß in der Baracke der Körperschwachen mehr Essen als von der Lagerleitung vorgesehen war, hinkam. Ohne diese Umverteilung wären viele Menschen mehr gestorben."

Eine weitere Begebenheit aus dem Konzentrationslager Sachsenhausen wird sicherlich vielen der über 60 Besucher des Zeitzeugengespräches in der ESG in Erinnerung bleiben: Wiesner berichtete, daß an einem Tag während seiner Gefangenschaft über 600 Kinder russischer Zwangsarbeiterinnen in das Lager eingeliefert wurden. Den Müttern wurde von Seiten der SS und Wehrmacht gesagt, ihre Kinder kämen in ein Heim und seien bestens versorgt - "das Heim hieß jedoch: Sachsenhausen."

Auf die Frage einer Besucherin, wie er seine Erlebnisse aus dieser Zeit verarbeiten konnte, gab Wiesner an, mit dem Schreiben von Büchern seine Erinnerungen auf Papier zu bringen, um so die grausamen Erfahrungen in den Konzentrationslagern aus seinem Kopf zu bekommen, "aber vergessen werde ich nie können."Wiesner betonte in diesem Zusammenhang: "Ich bin kein großer Politiker, eher ein Romantiker".

Seit vielen Jahrzehnten ist Otto Wiesner unterwegs, um in Schulen, in Betrieben und auf zahlreichen Veranstaltungen über sein Leben zu berichten und letztlich für ein demokratisches und antifaschistisches Deutschland zu kämpfen in der die junge Generation nicht mehr "die Last tragen muß, die wir getragen haben". Und dies immer wieder auch mit humorvollen Beiträgen, denn trotz aller Grausamkeit - "die Lebensfreude habe ich nie verloren".

Die Besucher/innen des Zeitzeugengespräches dankten Wiesner für seine engagierten Ausführungen mit anhaltenden Applaus. "In zwei Jahren komme ich noch einmal wieder, und dann können wir ja weiter machen", so Wiesner zum Abschluß. Die VVN/BdA, die mit dieser Veranstaltung gleichzeitig auch ihr einjähriges Bestehen seit der Wiedergründung im vergangenen Jahr beging, wird auch in Zukunft versuchen, Zeitzeugen des antifaschistischen Widerstandes nach Münster einzuladen.