2024 gibt es keine Stoffwindelförderung in Münster. Der Rat hatte den Zuschuss für 2022/2023 beschlossen und ihn nicht verlängert.
Wir bedanken uns bei allen Eltern, die einen Antrag gestellt haben! Aus unserer Sicht war die Förderung ein voller Erfolg: 333 Eltern haben einen Zuschuss beantragt und fast alle davon auch eine Förderung erhalten.
Weiterhin gibt es den Stoffwindeltreff, bei dem alle Eltern sich austauschen können und Tipps bekommen.
Zero Waste bedeutet nicht nur, Verpackungsmüll zu vermeiden – sondern auch, durch bewussten Konsum Ressourcen zu schonen. „Refuse“, „reduce“ und „reuse“ sind wichtige Prinzipien – und alle haben mit Secondhand zu tun. Vor allem bei Kleidung, aber auch bei Möbeln, Elektronikartikeln, Büchern/ CDs und Haushaltswaren können wir überlegen, ob wir das, was wir brauchen oder haben möchten, aus zweiter Hand erwerben können. Dann entsteht keine Nachfrage nach neuen Produkten und es werden keine Rohstoffe und Energie für deren Herstellung verbraucht.
In Münster haben wir viele Möglichkeiten, secondhand einzukaufen. Bei vielen Anbietern könnt ihr auch selbst Dinge loswerden, die ihr ausgemistet habt. Hier eine (bestimmt unvollständige) Liste:
Kleidung:
Ars vivendi (Kunst und Mode) Raesfeldstr. 37 keine Website
Change Vintage Verspoel 3 (keine Website, aber auf Facebook und Instagram)
Wer generell fair kaufen und essen möchte (secondhand, fair gehandelt, inklusiv, nachhaltig), kann die Website von „Münster fair“ besuchen: http://muensterfair.de/
Was hast Du heute schon weggeschmissen: Eine Verpackung, eine Bananenschale oder ein kaputtes Haargummi? All diese Dinge liegen jetzt am gleichen Ort: dem Mülleimer. Aber sind diese Gegenstände dann eigentlich entsorgt, oder eher: wie geht “wegschmeißen”? Was konkret mit unseren Gegenständen passiert, damit sie im nächsten Moment zu Müll werden, beleuchtet dieser Beitrag. Abfallvermeidung beginnt genau dann, wenn wir diese Momente abwehren.
Abfall ist überall. Er hat sich in unsere Leben geschlichen, wir sind mit ihm groß geworden und erst beim Versuch ihn zu vermeiden, fällt uns auf, wie fest sein Platz in unserer Mitte ist. Wir haben ganze Orte nur für Müll und Dinge, die es noch werden sollen, errichtet.In jeder guten Küche, sei sie noch so klein oder professionell, stehen Kühlschränke und Mülleimer meist beieinander. Gemein haben beide, dass wir in ihnen unsere Dinge aufbewahren. Der feine Unterschied liegt darin, dass im Kühlschrank steht, was wir noch gebrauchen wollen und im Mülleimer liegt der gesamte Rest. Beiden Orte trennen meist nur wenige Meter und doch ganze Welten. Denn wann etwas von dem einen in den anderen Ort gelangt, entscheidet die Person, die sich in der Küche befindet – also ich. Oder Schimmel, wenn das Pesto nicht so lange gehalten hat, wie ich es erwartet habe.
Zum Entsorgen braucht es zwei zentrale Bausteine: die Entscheidung, etwas wegzuschmeißen und einen Ort, an den Entsorgtes gelegt wird.
Was in den Mülleimer kommt, sagt bereits sein Name. Doch was Müll ist, ist unklar. Bei Unklarheiten hilft ein vertrauensvoller Blick hinüber in die Gesetzestexte. Laut Kreislaufwirtschaftsgesetz kann grundsätzlich jeder bewegliche Gegenstand zu Müll werden. Der Gegenstand muss durch die besitzende Person zu Müll gemacht werden. Das trifft selbstredend nicht auf alle Dinge dieser Welt zu. Gefährden Stoffe die Umwelt oder die menschliche Gesundheit, sind sie auch ohne die Definition der besitzenden Person zu entsorgen. Für den Alltag braucht es demnach keine blinde Zerstörungswut, um aus einem Handy Elektroschrott zu zaubern, die bloße Umbenennung reicht.
Müll ist eine Frage des Empfindens und der Ordnung
Erste Versuche, Müll als solchen zu definieren,
wurden in den 50er Jahren in der Soziologie unternommen: Dinge, die nicht am
richtigen Ort sind, wirken müllig. Es wirkt unaufgeräumt und schmutzig, wenn
Dinge an Orten liegen, an die sie nicht gehören. Das schimmelig gewordene Pesto
im Kühlschrank wirkt unhygienisch und hat aus meiner Sicht das Recht weiter im Kühlschrank
zu stehen verloren. Der Schimmel führt zum Impuls, das Pesto los zu werden.
„Wenn Du etwas nur isst, um es nicht wegzuschmeißen, bist Du der Mülleimer.“
Es ist keine Abfallvermeidung, Dinge nicht wegzuschmeißen, die Müll geworden sind. Abfallvermeidung verhindert genau diesen Moment des „zu Müll werden“. Die ursprüngliche Ordnung im Kühlschrank, nur genießbare Lebensmittel aufzubewahren, kann wiederhergestellt werden durch den nahe liegenden Mülleimer. Zielsicher gelangen die Reste in die Biotonne und das Glas in die Spüle. Eigentlich liegt das Pesto jetzt aber immer noch in der Wohnung, nur nicht mehr im Kühlschrank. Ist es jetzt bereits weggeschmissen?
Konkret schmeißen wir Dinge nicht weg. Wir geben ihnen nur einen neuen Ort.
Vom kleinen weißen Eimer neben dem Kühlschrank
zur großen Mülltonne vor dem Haus über die weiten Verwertungswege der
Abfallwirtschaft. Es gibt immer wieder einen neuen richtigen Ort für die Dinge,
die wir nicht mehr haben wollen, um die Ordnung aufrecht zu erhalten: Die
Abfallwirtschaft. So wie Abfall durch die besitzende Person definiert wird, wird
es ein Rohstoff auch.
Unser Abfall – Sie nennen es Rohstoff
Unsere Gegenstände sind alle noch da. Zumindest
eine ganze Zeit lang – bis sie verrotten oder weiterverarbeitet werden, aber es
bleiben stets Reste. Von den rund 8,3 Milliarden Tonnen Plastik, die zwischen 1950
und 2015 produziert wurden nicht einmal 10% recycelt (Heinrich-Böll-Stiftung). Noch
in Benutzung, abgelagert in der Umwelt oder verbrannt macht insbesondere den
künstlichen Stoff gewonnen aus Rohöl zu einem Problem. In Müllverbrennungsanlagen
der verwertenden Unternehmen werden unsere gesellschaftlichen Reste in Energie
umgesetzt, für deren Verbrennung es überhaupt einen unfassbar heißen Ofen
braucht, der viel Energie benötigt. Bei der „Waste-to-Energy“-Methode entstehen
giftige Schlacken, Aschen und Gase, da all die hereingegebenen Stoffe nur in
eine andere chemische Form umgewandelt werden; eine finale Beseitigung ist
nicht gegeben.
Abfalltrennung wirkt
Es gibt regionale Unterschiede. Momentan
werden beispielsweise von den in Deutschland anfallenden getrennten Verpackungsabfällen,
50 Prozent recycelt, was jährlich rund 1,45 Mio. Tonnen ausmacht. Dies umfasst auch
exportierte Abfälle, deren Recycling nicht abschließend sichergestellt werden
kann (Wilts, 2018). Ebenso viele Tonnen werden energetisch verwertet – also
verbrannt und nicht zu unterschätzen sind die Stoffe, die es gar nicht erst in
die Mülleimer schaffen. Wir können nichts so richtig loswerden. Unsere Dinge existieren
weiter. Sie sind noch da, nur woanders.
Mülleimer: Der Ort, um unliebsame Dinge loszuwerden.
Während der Beschränkungen durch die
Corona-Pandemie wurden artig leere Weinflaschen in farbiger Trennung vor volle Glascontainer
aufgereiht. Die Sperrgutabholung wurde in manchen Städten ausgesetzt. Kreative
Lösungen wurden gefunden: Zu verschenken Kisten wurden aufgestellt Möbelstücke
haben im Viertel teilweise ein neues Leben erhalten, denn interessant ist, dass
die einmal zugeschriebene Mülleigenschaft einer Person von einer anderen Person
wieder aufgehoben werden kann. Ungeduldigere Mitmenschen haben ihren Müll in
der Zeit geschlossener Wertstoffhöfe wild entsorgt und in die Umwelt
geschmissen. Der Müll liegt jetzt im Wald, er ist nicht weggeschmissen. Wir
können nichts wegschmeißen. Wir können es nur weitergeben, einlagern,
wiederverwenden, schmelzen oder verbrennen. Es gibt kein weg, nur ein woanders.
Genau vor vier Jahren wurde mir ein Film vom finnischen Regisseur Petri Luukkainen empfohlen. Der Film hieß „My Stuff“ und dokumentierte einen Versuch, den echten Wert der Dinge zu erkennen. Wie genau lief diese Versuch? Ziemlich radikal: Als Vorbereitung zum Experiment räumte Petri seine Wohnung leer, sperrte seinen ganzen Besitz in ein Lagerhaus und stellte eine Paar Regeln auf: ein Jahr lang durfte er nur einen Gegenstand pro Tag zurück holen und dazu auch nichts neues kaufen. Warum hat er sowas gemacht? Er brauchte Platz zum Nachdenken, warum er nicht glücklich war… Seit seine Freundin ihn verlassen hat, hat Petri zwar alles gekauft, was er wollte, wurde aber nicht glücklich davon.
Der Film kam 2013 raus und wurde weltbekannt. Auch dieser Film inspirierte einen deutschen Regisseur Florian David Fitz zu dem Film „100 Dinge“ (2018) – wahrscheinlich kennen die meisten von euch zumindest die Plakate (mit nackten bekannten Schauspielern) oder haben den Film gar gesehen. Die Filme haben zwar ein Paar ähnliche Szenen, sollten aber auf jeden Fall getrennt voneinander betrachtet werden. Das Original, also „My Stuff“, ist auf jeden Fall anschauenswert für alle, die sich für Zero Waste und Minimalismus interessieren, oder sich einfach schon mal die Frage gestellt haben „Was ist eigentlich im Leben das wichtigste?“.
Mein Experiment von 2016
So, long story short, der Film wurde mir empfohlen und kurz darauf hab ich ihn mir angesehen. Der Film war so spannend, dass ich mich in den darauffolgenden zwei Tagen entschieden habe, das Experiment von Petri auf irgendeine Art und weise nachzumachen. Nach einer kurzen Überlegung, habe ich das Experiment nur auf Kleidung und Schuhen beschränkt und musste deswegen auch kein Lagerhaus mieten, sondern habe meine Kleidung und Schuhe in Kartons eingepackt und so in den Kleiderschrank gestellt.
Glücklicherweise – vermutlich weil ich gerne schreibe – habe ich mich damals dafür entschieden, ein Tagebuch darüber zu führen, wie das Experiment läuft. (Vor einigen Tagen ist mir das Buch beim Aufräumen wieder in die Hände gefallen und ich habe mich plötzlich an das Experiment erinnert.) Angefangen habe ich am 24.07.2016 mit einer kleinen Anpassung von Petris Regeln: „Da der erste Tag meines Experimentes auf Montag fällt und ich arbeiten muss, habe ich mich entschieden, dass ich nur 7 Sachen lasse, die ich tragen kann und den Rest wegpacke. Diese 7 Sachen kompensiere ich dann dadurch, dass ich in den ersten zwei Wochen nur jeden 2. Tag etwas rausnehme. “ Seit dem Tag habe ich abends alles per Hand gewaschen, was am nächsten Tag frisch sein musste und das Juliwetter sorgte dafür, dass alles am nächsten morgen tatsächlich trocken war. Der Sommer eignete sich für so einen Experiment einfach perfekt!
Das Experiment lief bei mir 58 Tage und endete am 21.09. mit meinen Flitterwochen. Ich denke, dass das eine gute Entschuldigung ist und 58 Tage für einen ersten Versuch ein gutes Resultat ist. Leider habe ich nicht die ganze Zeit Tagebuch geführt, habe aber trotzdem ein Paar lustige Geschichten gefunden: beispielsweise über vom Freund ausgeliehene Socken oder ein Dankbarkeitslied an die Existenz des Gürtels. Oder auch einfach: „Was tut man, wenn man gerade alle Sachen gewaschen hat, die man besitzt, ein Hemd ausgeliehen hat, im Regen voll nass geworden ist und nur einen ausgeliehen Bademantel hat – andere Sachen sind klatschnass??? Nie wieder alles auf einmal waschen!“ 😀
Bei einigen Sachen, die ich dazu genommen habe, bei denen ich gemerkt habe, dass die mir nicht mehr gefallen, habe ich schon während des Experimentes aussortiert. Und beim Blättern des Tagebuchs merkte ich gestern, dass ich einiges davon nicht mehr besitze und mir eigentlich nicht vorstellen kann, warum ich diese Dinge damals ausgewählt habe. Bei anderen Sachen musste ich lachen, denn das sind immer noch meine Lieblingssstücke.Das Experiment ergab für mich auch eine positive Nebenwirkung: Weil ich mich täglich mit der Frage „was brauche ich“ beschäftigt habe, ist es mir einfacher gefallen mich von Dingen zu trennen, die zum Experiment gar nicht gehört haben und von welchen ich mich vorher nicht trennen konnte. Denn in diesem „was brauche ich“-Modus, konnte ich viel resoluter aussortieren und dadurch mehr Ruhe für die Augen schaffen.
KonMari vs. My Stuff
Vor drei Jahren habe ich dann die KonMari-Methode kennengelernt und fand sie sehr sehr praktisch. Allerdings, merkte ich schnell, dass ich mich nur dann bewusst von Dingen trennen kann, wenn ich innerlich gelassen und ausgeglichen bin. Die Methode funktioniert nur, wenn alles gut lief. An den Tagen, an denenes weniger gut lief, habe ich nicht die Ruhe für die Entscheidung gehabt und war schnell überfordert. Resignierte und kam beim Ausmisten nur in Schneckentempo weiter. Durch unseren wunderschönen Nachwuchs, haben wir leider auch einen ständigen (oder wiederkehrenden) Zuwachs an Sachen wie Kinderkleidung, Kinderschuhe und manchmal Spielzeug. Was zu klein ist, sollte weg, trägt aber oft bestimmte Erinnerungen mit sich, was das Ausmisten manchmal erschwert. Kurzgefasst – die KonMari-Methode funktioniert bei mir da nicht, wo Dinge zu Erinnerungsstücken werden. Bei dem „My Stuff“-Experiment von 2016 war meine Sichtweise ein ganz andere. Ich habe mich gefreut, bestimmte Dinge endlich mal anziehen zu können und konnte mich von dem Druck, zu viel zu haben, kurzfristig trennen, denn meine ganze Aufmerksamkeit widmete ich den Kleidungsstücken die ich habe: ich habe sie gepflegt, geputzt und gewaschen, weil ich nur diese Kleidungsstücke zur Verfügung gehabt habe. Es ging um Wertschätzung. Die Methode von Luukkainen funktionierte sehr beruhigend und eignet sich dadurch perfekt für Menschen, die sich nicht in der besten Lage befinden oder eine schwere Zeit erleben. Es schaffte mir Ruhe im Kopf und nahm, wie jedes Ausmisten, eine große Last von den Schultern. Und das obwohl ich das Experiment nur auf Kleidung und Schuhe beschränkt habe. Wie befreiend sollte dann das Experiment von Luukkainen dann gewesen sein?! Die beiden Methoden sind sehr unterschiedlich und doch haben sie dasselbe Ziel: zu erkennen, was einen glücklich macht oder was man braucht. Das Bewusste sich von Sachen trennen von Mari Kondo sorgt für äußere Klarheit und Aufgeräumtsein. Das „Aus dem Auge – aus dem Sinn“-Prinzip von Petri Luukkainen dagegen bringt die Ruhe in die ‘unruhigen Köpfe’ und lässt dadurch Raum für die Frage „was brauche ich tatsächlich?“. Und für alle, die etwas mehr Zero Waste im Kopf suchen, ist das genau das richtige.
„Mein Stuff“ Challenge 2020
Und jetzt? Ich lade euch herzlich ein mit uns an einer #MyStuffChallenge2020 teilzunehmen und ein gemeinsames Experiment zu starten, bei dem wir uns mit unserem Besitz auseinandersetzen.
Das ist der Plan: 1) Überlegt euch, wo ihr ausmisten oder minimalistischer werden wollt, 2) Nehmt euch die Zeit, zu entscheiden, warum ihr das wollt, 3) Entscheidet euch, ob ihr ein „Startpaket“ braucht, oder bei 0 anfangen wollt, 4) Packt alles weg (irgendwohin, wo es euch nicht stört), 5) Startet mit uns am 1.07. das Experiment auf Instagram (oder Facebook, oder in euren Blog oder in einem Tagebuch) und schreibt* täglich wie es euch dabei geht.
Ich werde mich täglich um ein kurzes Update bemühen und der Rest kommt in mein Tagebuch.
Habt ihr Fragen? Schreibt einfach in die Kommentare – wir freuen uns darauf!
Müll ist richtig doof. Vor allem dort, wo er nicht hingehört: in der Umwelt und auf der Straße. Während so genannter Clean-Ups wird öffentlich aufgeräumt auf Straßen, in Wäldern oder an ganzen Flüssen. Warum Müll aufheben auch dem Ziel der Müllvermeidung beiträgt, welche Initiativen es gibt und wo mitgemacht werden kann, erfährst Du in diesem Beitrag.
Der Schnürsenkel ist offen, die Schlüssel runtergefallen und gleich daneben segelt sanft das Handy auf den Boden. Es gibt viele Gründe, sich zu bücken, Müll ist einer davon. Auch oder gerade wenn es nicht der eigene ist, verändert es die Perspektive sich dem zu nähern, was überall liegt. Hat man Müll im öffentlichen Raum einmal entdeckt, ist er nicht mehr zu übersehen: wo Menschen leben, liegt Müll. Seit gut einem Jahr hebe ich bewusst das auf, was mir über den Weg kommt und meist sind es die Überreste der Artikel, die auf dem Weg zur Arbeit oder Schule schnell verputzt werden. Warum liegen Trinkpäckchen, Zigaretten oder Riegel auf dem Boden?
Schnell noch einen Durstlöscher auf dem Weg oder die letzte Kippe vor der Bahnfahrt
Mangelnde Zeit, fehlende Mülleimer oder die Einstellung, genauer das Bewusstsein. Es ist egal, wohin mit dem Müll, jemand wird ihn beseitigen. Klar, es gehört zum Auftrag der städtischen Müllabfuhr, den Straßenkehricht zu beseitigen. Besonders in Münster liegt ein Fokus auf saubere Straßen. Das ist teuer, aufwendig und überflüssig. Das Szenario ist wie folgt: Gekauft wird ein Schokoriegel samt zugehörigem Plastik, bezahlt wird dann zusätzlich dafür, dass die Verpackung in der Umwelt landet und aufgehoben wird. Es wird Zeit, dass wir uns bewusst werden, wie klein der Aufwand ist, seinen Müll wegzuräumen und darüber hinaus den Effekt kennen lernen, den Müll anderer aufzuheben. @einmal.ohne.bitte macht erfolgreich darauf aufmerksam, dass beim Kauf auch die Verpackung bezahlt wird und daher weggelassen werden kann und soll.
Auf Spurensuche im Viertel: Wo liegt was?
Aber es wird noch mit Verpackung gekauft und gegessen. Auf Spurensuche im Hansaviertel finde ich beispielsweise mit großer Gewissheit Zigaretten vorm Berufskolleg, Trinkpäckchen an den Bushaltestellen und leere Brötchentüten vorm Supermarkt. Dabei braucht es nicht viele Menschen, die ihre Reste fallen lassen. Das Problem im Hansaviertel wird von den BürgerInnen angepackt und durch das Hansa-Forum als Projekt gefördert: Gemeinsam das Viertel sauber halten. Problematisch sind eben diese Dinge, die liegen bleiben. Denn falls Müllabfuhr und aufmerksame Nachbarn den Müll nicht aufheben, holt sich die Natur zuverlässig die Reste. So beispielsweise die leer gerauchte Zigarette vorm Berufskolleg, die rund 40 Liter Grundwasser verseucht. Bücken lohnt sich.
Der Zwiespalt: Wenn ich diesen Kippenstummel aufhebe, muss ich dann auch alle weiteren Stummel aufheben?
Wäre das der Fall, würden wir lange Spaziergänge unternehmen und die Umwelt würde müllfrei sein. Aufheben ist praktischer Umweltschutz und immer eine gute Option, aber kein Vollzeitjob. Der Instagram-Kanal @nurdreidinge hat für dieses Problem eine leichte Antwort gefunden. Denn es muss nicht die gesamte Straße von Unrat befreit sein; jeden Tag drei Dinge aufzuheben ist ein guter Anfang. Ganz ähnlich ist die Idee hinter @bochumbolzt, wo #einehandvollmuell ein erster Schritt für regionalen Umweltschutz bildet. In den Pausen des gemeinsamen Fußballspielens mit Kindern, wird die Umgebung des Platzes vom Müll befreit. Neben Einzel-AktivistInnen und Initiativen hat @rehabrepublic gleich eine ganze #einfachmalaufheben-Woche ins Leben gerufen. Da gemeinsames Sammeln gerade Corona-bedingt nicht funktioniert, hat die Münchener Initiative die wunderbare Lösung gefunden, mit Handschuhen und Beuteln los zu ziehen und dies unter dem Hashtag #einfachmalaufheben zu posten. Da unsere eigenen Clean-Ups derzeit ausfallen müssen, beteiligen auch wir uns an der wunderbaren Aktion und posten online unsere Sammelerfolge.
Ist Abfall aufheben Abfall vermeiden?
Nicht ganz, denn der achtlos weggeworfene Müll in der Umwelt ist bereits entstanden. Ich kann ihn durchs Aufheben nicht vermeiden, aber sichtbar machen. Bewusst nehme ich wahr: Was liegt da wo und von wem könnte es kommen? Warum sieht niemand diese Gegenstände oder warum bückt sich niemand anderes. Es sorgt für Irritation, wenn ich etwas öffentlich aufhebe, und meistens ist es ansteckend. Wenn ich mit meiner Mutter oder Tante spazieren gehe, heben wir mittlerweile zusammen Müll auf, wir können nicht mehr ohne. Es hat meine Perspektive erweitert; ich zolle meiner Umwelt durch das Saubermachen Respekt. Auch wenn es darin liegt, eine Hand voll Müll in den nächsten Mülleimer zu schmeißen, diese Gegenstände richten jetzt etwas weniger Schaden an. Es geht nur gemeinsam. Was hebst Du als nächstes auf?
Die erwähnten und weitere Initiativen rund ums Müllsammeln
Schmale Sonnenbrillen, breite Jeans und enganliegende Shirts sind – genau wie Müll – absolut modern. In Zeiten einer sich hauptsächlich selbstversorgenden Gesellschaft gab es keinen Müll und keine Müllberge wie heute. Warum eigentlich nicht? Und was haben unsere Großeltern damit zu tun? Es folgt ein Blick in die Vergangenheit, um die Relevanz von Zero Waste und Low Waste zu verstehen.
Ein Text von Jana Jansen
Im Garten der Großeltern steht ein großer Kasten aus Holzlatten: ein Kompost. Hier werden gerade Küchenreste zu fruchtbarer Erde zersetzt, welche dann als nährstoffreicher Dünger dienen. Getreu dem Motto der 5 Rs (Refuse, Reduce, Reuse, Recycle und Rot) schließt die Kompostierung (Rot) den Wert- und Nährstoffkreislauf. In der vorindustriellen Gesellschaft bis Ende des 19. Jahrhunderts war Kompostierung unhinterfragte Praxis. Die klassische Müllabfuhr, wie wir sie heute kennen, gab es nicht einmal. Aus Gründen der Effizienz, durch neue Rohstoffe und knappe Räume haben wir die eine oder andere Praxis unter den Tisch fallen lassen. Was wurde anders gemacht?
Ganz einfach: Damals gab es keinen Müll
Gut, diese These greift etwas zu kurz. Dabei zeigt allein ein schneller Blick in die weiße Keramik, dass jeder Mensch mit zuverlässiger Gewissheit Abfälle produziert. Schätzungsweise häufen sich 50 Kilogramm Kot pro Kopf und Jahr an. Heute verunreinigen wir mit diesem Rohstoff Trinkwasser und spülen beides die Kanalisation herunter. Bevor es wasserbetriebene Kanalisationen gab, wurde hier ebenfalls das Prinzip des Kompostes oder von Jauchegruben angewendet; zusammen mit den Hinterlassenschaften gehaltener Tiere sorgte der Kot meist als Dünger für Bodenstabilität.
Aber der Kompost stößt an seine natürlichen Grenzen, wenn es an ausgebrannte Glühbirnen, Kühlschränke und Gefahrenstoffe geht. Die Herausforderung liegt also besonders in neuen Rohstoffen wie erdölbasierten Kunststoffen oder seltenen Erden und in der schieren Menge an produzierten Dingen.
Eine gelebte Kreislaufwirtschaft
Derzeit machen kompostierbare Abfälle statistisch rund ein Zehntel der gesamten Abfallmenge aus. Fest steht, dass die auf Selbstversorgung angelegte Wirtschaftsweise der vorindustriellen Zeit es verstanden hat, alle im Umlauf befindlichen Stoffe so lange wie möglich in Gebrauch zu halten: gelebte Kreislaufwirtschaft mit Verantwortung gegenüber den Dingen. Es wurde aufgetragen, repariert und weiterverwendet, was das Zeug hält. Und das im wörtlichsten aller Sinne.
Neben reparierenden Familiennamen, die bis in die heutige Zeit getragen werden, wie Schuster, Schmied und Schneider, sprechen auch die fehlenden Müllberge ihre eigene Sprache. War die Messerklinge zu stumpf zum Schnippeln der Bohnen, wurde sie nicht verbrannt oder deponiert, sondern geschärft, eingeschmolzen oder anderweitig genutzt. Kleidung kannte keine Saison, sondern einen Nutzen, und wurde geflickt, bis das Stück dem Nutzen nicht mehr dienlich war. Kurz: Die Gesellschaft verstand es, Dingen einen Wert zu geben, sparsam zu sein und diesen so lange wie irgend möglich zu erhalten. Das geschah nicht aus purer Romantik oder Liebe zur Umwelt, sondern weil die Menschen meist arm und Rohstoffe knapp waren.
Früher war alles besser – zumindest die Wertschätzung
Heute fehlt Dingen dieser Wert. Die Gründe sind vielschichtig. So treiben verschiedene Formen der Obsoleszenz – also der verkürzten Haltbarkeit von Produkten durch Trends oder mangelnde Reparierbarkeit – den Neukauf voran. Konsum und Abfall hängen eng miteinander zusammen. Die gestiegene Kaufkraft ermöglicht es mehr Menschen ausgedehnt zu konsumieren als früher. Die professionelle Abfallentsorgung ermöglicht es zudem, unnützen Dingen auf der Deponie oder im Mülleimer einen Platz zuzuweisen. Es gibt einen Raum für die ausgetragene Jeans: der Altkleidercontainer oder Hausmüll. Dort ist es möglich, sich seiner Verantwortung gegenüber den Rohstoffen zu entziehen; denn in der Kreislaufwirtschaft wird sich sicher jemand um diese Stoffe kümmern. Der beste Müll ist aber stets der, der gar nicht erst entsteht. Im Falle der Jeans kann diese einfach verschenkt oder auf dem Flohmarkt verkauft werden.
Endlich konnten sich durch das Wirtschaftswunder alle alles leisten, auf Kosten der Umwelt
Der dramatische Wandel von Sparsamkeit hin zur Verschwendung ist vor allem auf den Zeitraum der 1950er und 60er zurückzuverfolgen. Doch wir sollten vorsichtig sein, allzu hart mit unseren (Ur-)Großmüttern ins Gericht zu gehen dafür, dass sie der Selbstversorgung den Rücken gekehrt haben. Es war Mitte des 20. Jahrhunderts eine Errungenschaft, durch Plastik-Produkte und -Verpackungen die Intensität und Menge der Hausarbeit zu minimieren. Plastikverpackungen machen Lebensmittel bis heute mitunter haltbarer und leichter zu transportieren; das Geschirr nach dem Picknick einfach wegzuwerfen und den Sonntagnachmittag frei zu haben war gelebter Wohlstand. Der endlich so günstige Rohstoff Plastik konnte in allen Formen und Varianten billig produziert und zugänglich gemacht werden. Dass wir bis heute keine Lösung für das Problem haben, ist dabei in der Vergangenheit leider nur ein Nebenschauplatz.
Jetzt können wir nichts mehr reparieren und dafür alles loswerden
Auf der technischen Ebene werden Geräte immer komplexer und sind meist nicht mit einfachen Handgriffen zu reparieren, und uns fehlt das Wissen zur Reparatur. Für das Recht auf Reparatur macht sich dabei mit vielen Anleitungen die Reparatur-Bewegung stark. In den Siebzigern wurde in Ermangelung separater Entsorgung und eines funktionierenden Abfallmanagements von einer „Mülllawine“, welche die Gesellschaft unterspülte. Daraufhin wurde die Abfallsammlung und -verwertung gesetzlich in die kommunale Daseinsvorsorge überführt. Weiterhin hängt die produzierte Abfallmenge stark mit der Wirtschaft zusammen. In der Corona-Krise ist also erwartbar, dass weniger Abfall produziert wurde. Bekannt wurde unlängst, dass sich die Abfallaufkommen stark verschoben haben von öffentlichen Einrichtungen hin zu privaten Haushalten. Klar, wenn alle zuhause sitzen und nur das vermeintlich nötigste kaufen und verbrauchen.
Um auf die trendigen Sonnenbrillen der Einleitung zurückzukommen: Auch die Mode ist eine Industrie geworden, welche auf schnellem Absatz und großen Mengen basiert. Ob Wohlstand, Lebensqualität oder Bequemlichkeit: Weniger ist mehr. Auch, wenn es auf den ersten Blick aufwendiger scheint zu verzichten und umzudenken: Suffizienz ist das Schlüsselkonzept, was die verkürzte Aussage von „weniger ist mehr“ hin zur Frage lenkt: „Wann ist genug?“ und dann auch für Entspannung sorgen kann.
Vermeiden, wertschätzen und verwerten sind der Schlüssel, am besten im eigenen Garten
In der Corona-Krise wird deutlich, was passiert, wenn Menschen sich über einen Monat lediglich jene Dinge kaufen, die sie brauchen. Die Wirtschaft gerät ins Straucheln und Teile der Natur können aufatmen. Neben verlorenen Fähigkeiten der Selbstversorgung und Reparatur haben wir erlernt, dass wir Dinge wegwerfen können. Nur ist das eine Illusion. Dieses „weg“ haben wir immer noch nicht gefunden. Unser Müll taucht an Ecken der Welt auf, die kein Mensch je betreten hat und in Größen, die nur unter dem Mikroskop sichtbar werden. Abfallvermeidung ist mehr als eine Kaufentscheidung. Zero Waste ist eine Haltung. Fangen wir an, auf unseren eigenen Flächen, beispielsweise auf unserem eigenen Kompost.
Quellen und Weiterstöbern:
Fischer-Kowalski, M., Haberl, H.: Stoffwechsel und Kolonisierung (1997): Ein universalhistorischer Bogen, in: Fischer-Kowalski, M. et al.: Gesellschaftlicher Stoffwechsel und Kolonisierung der Natur, Verlag Fakultas, Amsterdam, 1997, S. 25–35
Geschichte des Mülls: Martin Kranert, Cord-Landwehr, Klaus (Hrsg.) (2019): Einführung in die Abfallwirtschaft, 4. Auflage, Springer Fachmedien, Wiesbaden
Seit kurzem ist sie neu in Münster – die Wertstofftonne. Ihre Einführung wurde stadtweit groß beworben, damit alle wissen, dass der ‚gelbe Sack‘ in Münster passé ist. Ist die Wertstofftonne in Münster aber ausnahmslos ein Grund zur Freude?
Zunächst müssen wir auf die rechtlichen Grundlagen eingehen und uns die Fragestellen, welche Entsorgungssysteme es in Münster auf Grund von bundesweit gültigen Gesetzen einerseits und wegen des städtischen Abfallwirtschaftskonzepts andererseits gibt. Zunächst gab es – wegen bundesweiter Vorschriften – den ‚gelben Sack‘, der bereits länger in der Kritik stand, weil in diesen nur Verpackungsmaterialien aus Kunststoff und/oder Metall mit dem sogenannten ‚grünen Punkt‘ entsorgt werden durften, nicht aber stofflichidentische Abfälle, die nicht als Verpackungsmaterial gedient hatten. Dieser Widerspruch sollte durch die Einführung einer Wertstofftonne aufgehoben werden. Der Gedanke dahinter ist gänzlich nachvollziehbar: Gleiches Material in dieselbe Tonne. Vergessen wird aber, dass jeder Landkreis oder jede kreisfreie Stadt die Verpflichtung hat, ein Abfallwirtschaftskonzept zu erstellen – Münsters Abfallwirtschaftskonzept von 2016 ist dabei ziemlich vorbildlich!
Durch das Abfallwirtschaftskonzept verfügten die Abfallwirtschaftsbetriebe Münster (AWM) bereits seit Jahren über eine Wertstofftonne, die bloß nicht so genannt werden durfte: die schwarze Tonne. Verarsche? Gar nicht! Zu den Anlagen der AWM verfügen nämlich über etwas ganz Tolles: eine eigene Mechanisch-biologische Restmüllbehandlungsanlage, kurz MBRA. Durch diese Anlage werden seit einiger Zeit fast alle Abfälle aufgearbeitet, wobei die ‚Wertstoffe‘ von der Anlage separiert werden. Im Abfallwirtschaftskonzept werden Bio- und Grünabfälle, Restabfälle, Sperrmüll & Gewerbe- und Baustellenabfälle ausdrücklich als Abfallarten genannt, die in der MBRA aufgearbeitet werden.
Wir dürfen nicht vergessen, dass Abfall ein Geschäft ist wie jedes andere auch – die AWM verdienen daran und mit ihr die Stadt Münster als ihre Eigentümerin; dieser Handel kommt der Öffentlichkeit dadurch finanziell zu Gute. Deswegen wäre es empfehlenswert, wenn die Privathaushalte und Unternehmen in Münster ihre Abfälle in die schwarze Tonne geben – der Erlös hilft nämlich der öffentlichen Hand. Nun stellt sich aber die Frage, warum dies im Falle des ‚gelben Sacks‘ oder der neuen, sie ersetzenden Wertstofftonne nicht der Fall ist. Der Unterschied besteht schlicht darin, dass die gelben Säcke in der übergroßen Mehrheit des Stadtgebiets (wegen einer laufenden Konzession) nicht von den AWM, sondern von einem Privatunternehmen abgeholt und in Wert gesetzt werden. Ein solches Unternehmen hat keinen öffentlichen Auftrag im Sinne der dauerhaften Sicherungder öffentlichen Daseinsfürsorge, sondern interessiert sich nur für den Profit – unser Müll ist deren Kohle! Wenn Privathaushalte und Unternehmen in Münster also etwas für das Gemeinwohl bedeuten wollen, entsorgen sie ihren ‚gelben Sack‘-Müll (oder künftig Wertstofftonnenmüll) über die Restmülltonne.
Was passiert aber mit den aussortierten ‚Wertstoffen‘? Auf der Internetseite der AWM heißt es: „Die Wertstoffe werden zur weiteren Verwertung ausgeschrieben und von den beauftragten Unternehmen stofflich bzw. hochwertig energetisch verwertet.“ In Klartext: Ein Teil wird als Ressource weiter verwendet, ein anderer Teil landet in der Verbrennungsanlage. Wem also nicht nur die Finanzierung des Gemeinwohls, sondern auch das Klima am Herzen liegt, gibt seine Abfälle in Münster in die Restmülltonne, aber nur die, die nach bewusst gelebter Abfallvermeidung überhaupt noch anfallen!
Die Produktion von neuen Wertstofftonnen hätten wir uns aber aus Gründen der Nachhaltigkeit und des Klimaschutzes ruhig sparen können..