Das Alte Backhaus kenne ich seit nunmehr über zehn Jahren, und mir gefiel von Anfang an die Atmosphäre, besonders dass hier trotz aller persönlichen Widrigkeiten nicht geklagt wurde, dass es immer darum ging, anzupacken, soweit es einem (noch) möglich ist. Da fühlte ich mich gleich wohl. Gejammer bleibt verpönt, Krankheiten werden nicht breitgetreten. „Wir sind ältere Menschen, die nicht vergessen haben, dass sie (zumindest bisher) immer noch ihre eigene Situation mitbestimmen und mitgestalten können“, heißt es in unserer Backhaus-Broschüre.
Das gehört zu der besonderen Atmosphäre im Alten Backhaus, die nach meiner Erfahrung geprägt ist durch Tatkraft, Optimismus und Respekt für den anderen. „Hier wird man ja noch als Dame behandelt“, hörte ich einmal beim Sonntagsfrühstück von einer neu Hinzugekommenen.
Den Optimismus können Sie in vielen lachenden Gesichtern erkennen. Optimismus zeigt sich aber auch darin, wie viele Menschen in unserem Haus etwas ganz Neues anfangen. Manche lernen zum ersten Mal in ihrem Leben englische Vokabeln, vielleicht mit der Angst, sich zu blamieren, aber unentwegt. Andere – Tollkühne – wagen sich an die Tücken des Computers und lassen sich nicht unterkriegen. Wie heißt es in unserem Bänkelsang: „Wir hab’n auch ’nen Kursus zum Gebrauch des Computers, erst bist du verzweifelt, doch plötzlich dann tut er’s!“
Spuren der Tatkraft können Sie hier im Haus überall entdecken. Als hier renoviert werden musste, planten manche ihren Urlaub so, dass sie mithelfen konnten, und die Handwerker konnten sich auf den Kern ihrer Aufgaben konzentrieren. Übrigens: Geld wird hier, soweit eben möglich, durch Mitarbeit ersetzt. Wir sind nunmal eine Selbthilfeorganisation! Das gilt ganz real im Alltag, aber auch in der psychischen Einstellung. Sie können sehen, wie Garten und Haus gepflegt werden. Ein Haus, in dem ca. 80 Mitarbeiter ihrer Aufgabe nachgehen und insgesamt ca. 350 Menschen wöchentlich die Veranstaltungen besuchen – die meisten gleich mehrere – , muss in Ordnung gehalten werden.
Die Atmosphäre im Alten Backhaus wird auch geprägt durch den familiären Charakter. Die meisten Mitglieder und Besucher kennen sich untereinander, treffen sich in verschiedenen Kursen und Veranstaltungen immer wieder.
Ich halte diesen Aufbau sozialer Beziehungen gerade im Alter für besonders wichtig. Je mehr Kräfte und Fähigkeiten schwinden, desto wichtiger (und beruhigender) ist es, auf Bekanntes, Vertrautes, Sicheres zu treffen.
„Wenn ich tagtäglich im Fernsehen die Katastrophen und Hiobsbotschaften aus aller Welt sehe, wenn ich höre, dass es überall nur noch um Geld und Leistung geht, dann freue ich mich, dass es noch das Backhaus gibt“, erklärte mir mal eine langjährige Besucherin. Die freundliche und motivierende Atmosphäre ist die Währung, in der wir unsere Mitarbeiter bezahlen.
Ein Haus für alle:
Der familiäre Charakter des Backhauses bedeutet auf keinen Fall, dass wir uns abkapseln. Wir sind einem ständigen Wandel unterworfen, denn wir können nur bestehen bleiben, wenn wir uns ständig verändern, ständig neue Mitarbeiter finden, ständig das Angebot der Kurse neuen Erfordernissen anpassen. Besonders wichtig sind hier auch Kurse zur Nutzung moderner Techniken, nicht nur aus praktischen Gründen, sondern auch, um das Gefühl eigener Leistungfähigkeit und des eigenen Wertes zu behalten. Wir sind da für Frauen und Männer, ja, auch für Männer, obwohl wir hier rund 70 Prozent Frauen haben. Wir sind da für aktive Senioren, pflegen aber auch Kontakte zur Jugend.
Das Backhaus als Begegnungs- und Bildungsstätte:
Ein wichtiger Wandel gegenüber den Anfangsjahren ist die Weiterentwicklung des Alten Backhauses zur Begegnungs- und Bildungsstätte. Dabei steht die Bildung weitgehend im Dienste der Begegnung. Das Backhaus hat sich seit den Anfangsjahren weiter stabilisiert, von der peniblen doppelten Buchführung über ein wachsendes Kursangebot und die Herausbildung eines festen, insgesamt wachsenden Mitarbeiterstammes.
Ehrenamtliche Tätigkeit im Alten Backhaus:
Hier arbeiten alle ehrenamtlich, bis auf die Putzfrau, die – ordentlich angemeldet – bezahlt wird. Übrigens ein relativ hoher Betrag, aber Sauberkeit ist für uns Teil des Markenzeichens. Es gibt auch für Vorstandsmitglieder keine Aufwandsentschädigung, und es geht trotzdem. Für mich ist besonders motivierend zu sehen, wie viele Menschen bei Aufgaben und Problemen einspringen, manchmal sogar gleich doppelt. Ich kann längst nicht alle erwähnen, bei denen ich mich bedanken möchte, aber ich denke, jeder sieht: Hier funktioniert die ehrenamtliche Mitarbeit!
Brita Kurth
Vor kurzem bekam ich von einem Vertreter der Stadt zu hören, wir seien eine „klassische Begegnungsstätte“. Darüber sind wir nach meiner Meinung inzwischen hinausgewachsen!
Christoph Rott, Psychologe und Ko-Projektleiter der Heidelberger Hundertjährigen Studie, sagt laut Focus: