Nach dem Weggang von Bernhard Scholz, der sich nach ca. 2 Jahren fruchtbarer Tätigkeit im Alten Backhaus wieder mehr um den Ausbau seines Kotten bei Billerbeck kümmern möchte, standen die Malgruppen vor einer schwierigen Situation. Die Lösung: Die beiden Malgruppen wurden zu einer großen zusammengelegt, und die Leitung wurde aufgeteilt. Brita Kurth und Brunhild Reuter bereiten die Sitzungen thematisch und strukturell vor, während Wolfram Meyer-Bautor sich auf Hilfen beim Malen und die Besprechung der Bilder am Ende einer Sitzung konzentriert. Das neue Konzept scheint nach den Reaktionen der Teilnehmer und der neusten Ausstellung zu urteilen, ein voller Erfolg zu sein.
Gelungenes Teamwork
Frau Reuter und ich treffen uns jeden zweiten Donnerstag zu einem „Arbeitsessen“ (Kaffee und Kuchen) und besprechen das Thema für den Malkurs am folgenden Freitag. Wir lassen uns inspirieren von der Vielzahl der Fachbücher, die Frau Reuter besitzt, und wählen Themen aus, die uns beiden Spaß machen. Erstaunlicherweise lassen wir uns häufig von den gleichen Ideen begeistern, so dass wir schon längst eine Liste mit Themen haben, die wir unbedingt noch bearbeiten wollen.
Nach dem Vorstellen des Themas am Beginn des Malnachmittages können wir uns selbst in die Arbeit stürzen, wobei wir meist alles um uns herum vergessen.
Dann tritt Herr Meyer-Bautor in Aktion. Aufgrund seiner jahrzehntelangen Arbeit mit Schülern und seiner künstlerischen Fähigkeiten ist er ein hervorragender Berater und Ideenlieferant bei unserem Malprozess. Er ist sozusagen der Motor, wenn es nicht weitergeht. Seine konstruktive Kritik und sein ermutigendes Lob tragen viel dazu bei, dass wir nach etwa drei Stunden zufrieden mit unserem Werk nach Hause gehen.
Brita Kurth
Brunhild Reuter im Gespräch mit Wolfram Meyer-Bautor
Herr Meyer Bautor und ich sitzen im Treppenhaus des Alten Backhauses zwischen vielen Bildern, die gerahmt an der Wand lehnen und für unsere neue Ausstellung bestimmt sind.
B. Reuter: Herr Meyer Bautor, was sagen Sie zu jemandem, der in Ihrem Kurs sitzt und behauptet, er könne nicht zeichnen und malen?
W. Meyer-Bautor: Kinder sagen nicht, dass sie nicht zeichnen können. Erst später, mit der Pubertät, setzt diese Haltung „Ich kann nicht“ ein, wenn die kritische Auseinandersetzung mit der Realität beginnt. Dann kommt es zu dem Gefühl der Unzulänglichkeit, das jeder kennt – übrigens auch große Maler!
B. Reuter: Sie arbeiten nun schon längere Zeit mit unserer Malgruppe…
W. Meyer-Bautor: …über die ich sehr erstaunt bin! Denn ich hatte nicht erwartet, dass sie solch eine Qualität besitzt. Die Leistungen gefallen mir. In Ausstellungen sehe ich manchmal Bilder, die klischeehaft und bloß dekorativ sind. Dagegen ist der Form- und Farbzugriff dieser Gruppe sicher. Sie können allen sagen, dass Selbstzweifel nicht mehr nötig sind – die Ergebnisse, die hier um uns herum stehen, sind sehr gelungen!
B. Reuter: Welche Tipps können Sie uns noch geben?
W. Meyer-Bautor: Man sollte mit seinen Arbeiten nicht zu kritisch umgehen. Als Studenten haben wir uns gegenseitig kritisiert, aber es kommt immer auf konstruktive Kritik an.
B. Reuter: Können drei Leute einen Malkurs leiten?
W. Meyer-Bautor: Dass Sie und Frau Kurth die Vorarbeit leisten, also Material besorgen und in das Thema und die jeweilige Technik einführen, ist mir sehr angenehm. Das musste ich in der Schule immer selbst erledigen. Bei der Besprechung der Arbeiten und eventueller Hilfestellung achte ich immer auf die Vielfalt der Bildlösungen. Es kommt mir nicht nur auf die thematische Begrenzung, sondern auch auf Freiräume an. Wir geben die gestalterischen Impulse, die dann zu offenen Ergebnissen führen.
B. Reuter: Stimmen Sie Beuys zu, der sagt, jeder sei ein Künstler?
W. Meyer-Bautor: Im Grunde genommen ist diese Aussage richtig. Wir erkennen es vielleicht noch nicht, weil wir einen eingeengten Kunstbegriff im Kopf haben, sozusagen ein „imaginäres Kunstmuseum“, das uns genau sagt, was „richtige“ Kunst ist und was nicht. Aber auch das Einrichten einer Küche kann Kunst sein! Beuys ging es darum, unsere Vorstellung von Kunst zu erweitern, damit die freien bildnerischen Fähigkeiten nicht verschüttet werden. In diesem Sinne stimme ich ihm zu, auch wenn ich mit seinen Aktionen oft nicht einverstanden bin.
B. Reuter: Vielen Dank für dieses Gespräch!
Brunhild ReuterGedanken beim Malen
Als ich vor einigen Jahren anfing, im Alten Backhaus den Malkursus mitzumachen, war es vor allem deshalb, weil da einige Leute zusammen saßen, um sich mit etwas Schönem zu beschäftigen.
Unter der Leitung eines erfahrenen Architekten und Malers ging es also jeden Donnerstag los. Es war aufregend, die Farben ineinanderfließen zu lassen, schön leuchtend und mehr oder weniger gelungen vorgelegte Bilder nachzupinseln. Mit viel Geduld und Ruhe gab uns Herr Kuhlmann kleine Tipps fürs Gelingen. Meistens entstanden Blumenbilder. Nur: worauf es wirklich ankam, war das genaue Hinsehen, der Malerblick. Also: Woher fällt das Licht ein? Was ist Vorder-, was Hintergrund? Welche Farbe kommt zuerst, die helle oder die dunkle? (Beim Aquarell immer die helle.)
Rätselhaft waren des Meisters Sätze: „Es ist gleich, welche Farbe Sie nehmen.“ Oder: „Man kann alles wieder wegkriegen, korrigieren.“ Wir wollten doch so gerne hundertprozentig die Vorlage kopieren! Heute weiß ich, dass es eher auf das Erlernen der Technik und eigene Kreativität ankommt.
Wenn es gar nicht werden wollte, stand man auf und sah sich die Bemühungen der Nachbarin an. Danach kehrte oftmals der Mut zurück. Manche Teilnehmerin war aber auch schon weiter, schon länger dabei. Ingrid zum Beispiel hatte drei Bilder fertig gestellt, während ich noch an einem rumpinselte.
Zu Hause kam das „Kunstwerk“ erst einmal aufs Klavier ins Wohnzimmer, manchmal gefiel es jemandem, und am nächsten Tag sah ich es wieder mit anderen Augen, entdeckte doch kleine Fortschritte, interessante Details. Ich beschloss, Misslungenes nicht sofort zu vernichten. Als meine Frau so nebenbei meinte: ,,An diese Wand kannst du eigentlich deine Bilder hängen“, kam doch ein wenig Befriedigung auf.
Das ist nun schon Jahre her, Herr Kuhlmann hat sich verabschiedet, eine neue Kursleiterin hatte angefangen. Neue Techniken, Materialien, Farben, jetzt Acrylfarben. Andere Teilnehmerinnen kamen zu erstaunlichen Ergebnissen. Warum? Genaues Hinsehen und Drüberreden brachte es zutage: der Malerblick eben.
Jetzt haben wir schon die vierte Kursleitung. Alle hatten/haben viel Geduld mit uns, wir lernten, dass es kein Richtig oder Falsch gibt. Formen und Farben sind unerschöpflich, interessante Motive finden sich immer wieder, wer will sagen, wie „man malen muss“? Seit es die Fotografie gibt, ist auch das Ideal der genauen Wiedergabe weitgehend entfallen.
Was bleibt ist der Reiz, etwas zu gestalten, seine Empfindungen auszudrücken. Wie oberflächlich habe ich manches Detail in der Natur früher betrachtet, mich nicht näher dafür interessiert.
Das Malen im Backhaus hat mich ein ganzes Stück weiter gebracht in eine Richtung, von der ich nichts geahnt habe, und dazu beigetragen, dass ich auch mehr von mir selbst erfahren habe.
Christian Schmalz